Ausnahmen beim CO2-Preis für Unternehmen noch großzügiger als geplant
Kritik am Kabinettsbeschluss zur Carbon-Leakage-Verordnung
Der Kabinettsbeschluss zur Carbon-Leakage-Verordnung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) sieht nun noch großzügigere Ausnahmen für Unternehmen beim CO2-Preis vor, als in früheren Entwürfen geplant. Sehr viele Sektoren profitieren von pauschalen Entlastungen für alle Unternehmen. Dies schwächt das CO2-Preissignal in der Industrie und schafft Wettbewerbsnachteile für klimafreundliche Unternehmen.
Ein positiver Beitrag zum Klimaschutz wird zumindest durch die neue Verpflichtung zu „Gegenleistungen" erreicht: Unternehmen müssen einen Teil der Beihilfesummen in wirtschaftliche Klimaschutzmaßnahmen investieren.

- Die Stromkostenentlastung wird nicht mehr vom Beihilfebetrag abgezogen.
- Es gilt eine pauschale Entlastung von 60 Prozent der CO2-Kosten für alle Unternehmen, die einem der beihilfeberechtigten Sektoren angehören. Die unternehmensbezogene Mindestschwelle gilt nur noch optional für höhere Entlastungen ab dem Jahr 2023.
- Viele Sektoren werden innerhalb der Spanne von 65 bis 95 Prozent Kostenerstattung großzügiger entlastet als vom BMU vorgeschlagen.
Unverständlich ist vor allem die Entscheidung, die Stromkostenentlastung nicht vom Beihilfebetrag abzuziehen. Ein Großteil der Einnahmen aus dem CO2-Preis fließt direkt in die Senkung der EEG-Umlage (4,7 Mrd. Euro im Jahr 2021). Dies kompensiert bei vielen Unternehmen die gesamten CO2-Kosten, auch ohne Ausnahmen vom CO2-Preis. Unterm Strich hat die Industrie durch diese Reform im Jahr 2021 bereits einen finanziellen Vorteil von fast 2 Milliarden Euro (vgl. FÖS Stellungnahme).
„Fossile Brennstoffe teurer, Strom billiger: Das war die Idee hinter der Reform. Weitere Ausnahmen führen dazu, dass Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit doppelt entlastet werden: Einmal durch die Senkung der EEG-Umlage und ein weiteres Mal durch Ausnahmen vom CO2-Preis", betont Swantje Fiedler, wissenschaftliche Leiterin des FÖS. Durch die fehlende Anrechnung vergrößere sich der Kreis der Unternehmen, für die eine Entlastung infrage komme, erheblich.
Ein weiterer Paukenschlag ist der Entschluss, alle Unternehmen pauschal um 60 Prozent der CO2-Kosten zu entlasten, die einem der beihilfeberechtigen Sektoren angehören. Im früheren Entwurf der Verordnung war noch eine Mindestschwelle vorgesehen: Unternehmen sollten nur dann anteilig vom CO2-Preis befreit werden, wenn ihre CO2-Kosten einen bestimmten Kostenanteil überschreiten. „Eine unternehmensbezogene Mindestschwelle ist entscheidend, um gezielt tatsächlich emissionsintensive Unternehmen herauszufiltern. Die nun beschlossene pauschale Entlastung schafft wieder eine Subvention nach dem Gießkannenprinzip. So werden auch Unternehmen entlastet, die den CO2-Preis voll bezahlen könnten und sollten", kritisiert Carolin Schenuit, Geschäftsführende Vorständin des FÖS.
Darüber hinaus wurden die Entlastungssätze vieler Sektoren erhöht. Dadurch profitieren gegenüber dem Referentenentwurf vier zusätzliche (Teil-)Sektoren von der maximalen Entlastung. Die Carbon Leakage-Regeln sollen Unternehmen schützen, die stark im internationalen Wettbewerb stehen. Sie sind nun so großzügig ausgestaltet, dass sie stattdessen dem Wettbewerb um wirksamen Klimaschutz schaden.
Umso wichtiger sind deswegen die „Gegenleistungen", über die zumindest ein gewisser Beitrag zum Klimaschutz sichergestellt wird. Begünstigte Unternehmen müssen ab dem Jahr 2023 mindestens die Hälfte des Beihilfebetrags (ab 2025 80 Prozent) in Klimaschutzmaßnahmen investieren, soweit diese wirtschaftlich finanzierbar sind. Durch diese Regelung könnten fehlende CO2-Preis-Anreize zumindest teilweise ausgeglichen werden. Die Anforderungen an das Kriterium der Wirtschaftlichkeit wurden aber ebenfalls gegenüber dem BMU-Entwurf gesenkt. Damit die Gegenleistungen wirklich wirken können, sollte daher noch klargestellt werden, dass sie nicht umgangen werden können – rentiert sich die naheliegendste Investition nicht, müssen neue Ideen entwickelt werden. So fungieren die Gegenleistungen als Innovationsanreiz für den Klimaschutz.
Weitere Informationen:
- FÖS-Stellungnahme zum BMU Referentenentwurf (02/2021)
- BMU (2021): Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel
- BMU (2021): Referentenentwurf einer Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel
Über das FÖS:
Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V. ist ein unabhängiger politischer Think Tank für marktwirtschaftliche Instrumente in der Umwelt- und Klimapolitik. Das FÖS erstellt ökonomische Studien und politische Expertisen. Seit 1994 setzt es sich für die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein.
Gesellschaft | Politik, 01.04.2021

Der Wert der Böden
forum 03/2025
- Zukunftsfähig essen
- Klima-Transitionsplan
- Wasser in der Krise
- Omnibus
Kaufen...
Abonnieren...
13
JUL
2025
JUL
2025
Klima.Dult im Luitpoldpark München
Markt der guten Ideen. Zum Anschauen, Ausprobieren und Mitgestalten.
80796 München
Markt der guten Ideen. Zum Anschauen, Ausprobieren und Mitgestalten.
80796 München
10
SEP
2025
SEP
2025
23
SEP
2025
SEP
2025
Nachhaltigkeitscongress 2025
The sustainable economy transformation festival
45309 Essen (Oktogon, UNESCO-Welterbe Zollverein)
The sustainable economy transformation festival
45309 Essen (Oktogon, UNESCO-Welterbe Zollverein)
Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol
Digitalisierung

Christoph Quarch überlegt, was wir dem Kult um die KI entgegensetzen können
Jetzt auf forum:
Pirelli: Erster Serienreifen mit mehr als 70 % bio-basierten und recycelten Materialien
Revolutionäre Refurbishment-Initiative im Projektgeschäft
Spartipp: So günstig düngen Sie mit Kompostwürmern
Gewerbewechselrichter von KOSTAL
Wirtschaftsfaktor KRIEG – sind wir noch zu retten?