Korruptionswahrnehmungsindex 2020
Transparency Deutschland legt Eckpunkte für Politikfinanzierungsbericht vor
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Dänemark und Neuseeland belegen auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) mit 88 Punkten den ersten Platz, Südsudan, Somalia und Syrien rangieren als fragile Staaten wie im vergangenen Jahr auf den unteren Plätzen. Weltweit erreichen mehr als zwei Drittel aller Länder eine Punktzahl von unter 50 Punkten, der Durchschnitt liegt bei nur 43 Punkten. Deutschland erreicht wie im vergangenen Jahr 80 Punkte und rangiert auf dem 9. Platz von 180.
Dazu Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland:
"Ob illegale Parteispenden, intransparentes Sponsoring, zweckentfremdete Steuermittel oder gestückelte Wahlkampfspenden: Das Ergebnis Deutschlands im CPI darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir bessere Regeln für die Parteienfinanzierung und für den Lobbyismus brauchen. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl sollten die Parteien hier schnell die Initiative ergreifen."
Mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung in Deutschland
Derzeit fließen Parteispenden zu häufig an den gesetzlichen Offenlegungspflichten vorbei und die Parteien nutzen vorhandene Gesetzeslücken aus. Daher fordert Transparency Deutschland, Parteiensponsoring wie Parteispenden zu behandeln, niedrigere Veröffentlichungsschwellen und eine Deckelung für Parteispenden sowie eine zeitnahe Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte der Parteien. Sponsoring ist trotz Skandalen wie "Rent-a-Sozi" & "Rent-a-Rüttgers" nach wie vor ein großer Graubereich der Parteienfinanzierung. Transparency fordert daher, Sponsoring nach den gleichen Regeln wie Spenden transparent zu machen. Außerdem sollten staatliche und kommunale Unternehmen vollständig vom Sponsoring an Parteien ausgenommen werden.
Hartmut Bäumer:
"Insbesondere in Wahljahren fließt viel Geld. Die Politik ist gefragt, durch die zeitnahe Veröffentlichung der Wahlkampffinanzierung nach britischem Muster Transparenz zu schaffen. In Großbritannien müssen Spenden im Zeitraum des Wahlkampfs ab einer bestimmten Höhe wöchentlich veröffentlicht werden. Aber auch unabhängig von Wahljahren ist es nicht nachvollziehbar, warum Spenden erst ab 10.000 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien auftauchen - und dass, sofern sie unter 50.000 Euro bleiben, erst eineinhalb Jahre später."
Daher sollte die Veröffentlichungsschwelle für Parteispenden auf 2.000 Euro gesenkt werden, um eine Stückelung von Spenden zu verhindern. Zuwendungen an Parteien sollten auf 50.000 Euro pro Spender oder Sponsor, Jahr und Partei gedeckelt werden, Direktspenden an parteigebundene Mandatsträger*innen und Kandidat*innen sollten bestenfalls gänzlich verboten werden.
Eckpunkte für einen Politikfinanzierungsbericht
In Anbetracht der nach wie vor unzulänglichen Transparenz bei der Politikfinanzierung fordert Transparency Deutschland, die Finanzflüsse bei Parteien, Fraktionen und parteiennahen Stiftungen transparenter zu machen und hat Eckpunkte für einen umfassenden Politikfinanzierungsbericht vorgelegt. Dieser sollte über die Einnahmen und Ausgaben der wichtigsten (partei-)politischen Akteure Auskunft geben, die staatliche Zuwendungen erhalten und idealerweise einmal jährlich vorgelegt werden.
Hinsichtlich der Parteien sollte der Politikfinanzierungsbericht über den Rechenschaftsbericht hinaus auch die indirekten staatlichen Zuwendungen berücksichtigen und Einnahmen aus Sponsoring gesondert ausweisen. Der seit Jahrzehnten vom Rechnungshof monierte Missstand der Zweckentfremdung von Fraktionsgeldern aus Steuermitteln für Parteiaufgaben sollte Anlass für eine grundlegende Reform der finanziellen Rechenschaftslegung der Parteien sein.
Internationale Kritik vom Europarat und den Vereinten Nationen
Kritik an der Politikfinanzierung in Deutschland kommt auch von internationaler Ebene: Die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) hat im Juni 2019 den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen zur Korruptionsprävention aus dem Jahr 2014 in Deutschland als "allgemein unbefriedigend" bezeichnet. Besonders gerügt wurde, dass es keine Veröffentlichung von Wahlkampfkonten auf Bundesebene gibt, die Schwelle von 50.000 Euro für die sofortige Meldung von Spenden an politische Parteien nicht gesenkt wurde, Spenden an Kandidat*innen zu intransparent sind und die Finanzierung von politischen Parteien, parteinahen Stiftungen und Fraktionen nicht getrennt ist. Auch im Rahmen des Überprüfungsprozesses zur Umsetzung der UN Konvention gegen Korruption (UNCAC) wurde im Dezember 2019 mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung angemahnt.
Länder ohne klare Regeln für Interessengruppen und mit intransparenten Geldflüssen in der Politik schneiden im CPI schlecht ab. Deutschland sollte auch aufgrund seines Einflusses auf internationaler Bühne hier eine Vorbildrolle einnehmen.
Hintergrund
Der CPI ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator und misst die in Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Er fasst 13 Einzelindizes von 12 unabhängigen Institutionen zusammen und beruht auf Daten aus Expert*inneninterviews, Umfragen und weiteren Untersuchungen. Er bezieht sich auf den öffentlichen Sektor und erfasst keine Aktivitäten wie Steuerbetrug, Geldwäsche, illegale Finanzströme oder andere Formen der Korruption im privaten Sektor. Die tabellarische Rangliste, Antworten auf häufig gestellte Fragen sowie Informationen zur Methodik und den verwendeten Quellen finden Sie auf der Website.
Weiterführende Informationen
Gesellschaft | Politik, 28.01.2021
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