Standards des Lebensmitteleinzelhandels belasten die Umwelt
Lebensmittelverluste und der zusätzliche Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sind die Folge
Makellose Äpfel, gerade Möhren, Mindestgrößen und frisches Blattgrün bei Kohlrabi: Viele Standards des Lebensmitteleinzelhandels gehen über gesetzliche Anforderungen hinaus. Als Folge werden unnötige Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingesetzt und Produkte entsorgt, die nicht den Anforderungen entsprechen. Das UBA hat untersuchen lassen, welche Auswirkungen die Standards auf die Umwelt haben.

Deutlich wird das zum Beispiel bei Kohlrabi, Möhren oder Radieschen: Hier verlangt der LEH oft, diese mit dem Blattwerk zu verkaufen, um die Frische der Produkte zu signalisieren. Die Blätter müssen allerdings "makellos" sein und eine satte grüne Farbe aufweisen. Um dies zu erreichen, setzen die Anbaubetriebe häufig kurz vor der Ernte zusätzlichen Dünger ein, der von den Pflanzen jedoch nicht mehr vollständig aufgenommen wird. Nährstoffüberschüsse und Einträge in Grund- und Oberflächengewässer sind die Folge. Dabei werden die Blätter von Verbraucherinnen und Verbrauchern bereits im Geschäft oder zuhause in der Regel entsorgt. Verblieben sie auf dem Feld, würden sie dem Humusaufbau und der Nährstoffversorgung der Folgefrucht dienen und damit Düngemittel einsparen.
Ähnlich verhält es sich mit geforderten Mindestgrößen bei Gemüse, die nach Stückpreis vermarktet werden. Für Kohlrabi zum Beispiel gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zur Größe. Viele LEH verlangen jedoch eine Mindestgröße der Kohlrabiknolle von 10 cm oder mehr. Kleinere Knollen werden den Erzeugerbetrieben häufig nicht abgenommen.
Auch Pflanzenschutzmittel werden eingesetzt, um die Anforderungen des LEH zu erfüllen. Zur Bekämpfung des gesundheitlich unbedenklichen Apfelsilberschorfs werden Äpfel häufig mit krebserregenden bzw. entwicklungsschädigenden Pflanzenschutzmitteln behandelt. Beim Porreeanbau kommt zur Behandlung der durch Insekten (Thripse) verursachten, gesundheitlich unbedenklichen Blattscheckungen, ein Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, das bienentoxisch ist.
Aber nicht immer bestimmt der LEH die Vorgaben. Für Backweizen verlangt die verarbeitende Industrie bestimmte Mindestgehalte von Eiweiß im Korn. Um diese zu erreichen, erhält der Weizen in den späteren Wachstumsphasen eine sogenannte Spät- bzw. Qualitätsdüngung. Ein Großteil des dabei eingesetzten Stickstoffs wird von den Pflanzen jedoch nicht mehr aufgenommen. Ein Grund für hohe Nitratgehalte im Grundwasser.
Das Umweltbundesamt hat die Auswirkungen der Produktions- und Qualitätsstandards des Lebensmitteleinzelhandels auf die Umwelt untersuchen lassen. Neben einer Literaturrecherche wurden 20 Interviews mit Expertinnen und Experten der Lebensmittelwertschöpfungskette durchgeführt. Zahlreiche Beispiele aus den Bereichen Gemüse, Obst und Getreide zeigen, dass hohe Anforderungen an landwirtschaftliche Erzeugnissen Lebensmittelverluste sowie negative Umweltauswirkungen (insbesondere Nährstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträge in Böden und Gewässer mit weiteren Auswirkungen auf das Klima und die Biodiversität) verursachen. Gleichzeitig ist in der Gesellschaft und auch beim LEH eine zunehmende Sensibilität für die Effekte auf umwelt- und klimarelevante Faktoren der landwirtschaftlichen Produktion erkennbar. Es gibt eine Vielzahl alternativer Ansätze und positiver Beispiele, die auf umweltfreundliche Erzeugung und Vermarktung ausgerichtet sind. Beim sogenannten Wasserschutzbrot zum Beispiel verzichten die Landwirtinnen und Landwirte auf die letzte Stickstoffdüngung und schützen damit das Grundwasser. Auch Gemüse, das nicht der Norm entspricht, wie krumme Möhren, wird in einigen Supermärkten unter einem eigenen Label verkauft. Die Reichweite und Relevanz dieser Ansätze sind bislang jedoch noch als marginal zu bewerten. Weitere Handlungsoptionen werden vorgeschlagen.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der UBA-Website.
Lifestyle | Essen & Trinken, 14.09.2020

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