„Kohle in den Boden!“
Erwin Groß hat eine Vision: Allen Biomüll in Deutschland zu Pflanzenkohle umwandeln
- Vision: Allen Biomüll Deutschlands in Pflanzenkohle umwandeln
- Hoher Nutzen für Klima, Landwirtschaft und Grundwasser
- Partner und Investoren gesucht
Erwin Groß aus Rastatt-Ottersdorf hat eine Vision: Allen Biomüll in Deutschland zu Pflanzenkohle umwandeln. „Das Verfahren hat viele positive Effekte auf die Umwelt, ist denkbar einfach und somit auch kostengünstig umzusetzen", betont der findige Wissenschaftler. Nachdem der promovierte Physiker, Forscher und Solarunternehmer jahrelang an einem Verfahren zur Herstellung von Pflanzenkohle aus organischen Abfällen gearbeitet hat, will er jetzt mit der Umsetzung starten. „Kohle in den Boden!", nennt er sein Projekt.
Der chemische Vorgang, den Groß anwendet, heißt Pyrolyse: Die Biomasse wird unter Sauerstoffmangel auf rund 300 Grad Celsius erhitzt und verschwelt. „So erzeugen wir Energie, binden CO2 und gewinnen wertvolle Pflanzenkohle, die in der Landwirtschaft zur Bodenverbesserung eingesetzt werden kann", erklärt Groß die vielfältigen Vorteile. Sein Ziel ist es, die Technologie im großen Stil umzusetzen. „Entsprechende Anlagen sind am Markt erhältlich und erprobt", sagt er. Kontakte zum Hersteller habe er bereits aufgenommen. „Um Planung und Betrieb würde ich mich kümmern." Jetzt fehlen ihm nur noch zwei Dinge: erstens Investoren aus der Wirtschaft oder der Bevölkerung, beispielsweise Bürgervereinigungen, und zweitens kommunale Partner, die ihren Biomüll zur Verfügung stellen.
„Die Anlagen sind sehr rentabel und auch die Kommunen und Landkreise würden profitieren", unterstreicht Groß. Auf die kommunalen Partner kämen nicht mehr Kosten zu als bei der bisher üblichen Kompostierung oder Vergärung des Biomülls. Die Verschwelung wäre zudem wesentlich klimafreundlicher. „Beim Kompostieren und Vergären wird das CO2, das die Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen haben, über Kurz oder Lang wieder vollständig in die Atmosphäre abgegeben", erläutert Groß. Beim Verschwelen sei das Klimagas dagegen dauerhaft in der Kohle gebunden.
2017 wurden nach Angaben des Umweltbundesamtes 15,6 Millionen Tonnen Biomüll in Kompostierungs- und Vergärungsanlagen behandelt. Daraus entstanden 4,4 Millionen Tonnen Kompost und rund 3,6 Millionen Tonnen Gärreste, die als Bestandteil von Blumenerde oder als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Weiterhin erzeugten die Vergärungsanlagen 626 Millionen Kubikmeter Biogas. Beim Verschwelen sähe die Bilanz dagegen wie folgt aus: Aus dem gesamten Biomüllaufkommen könnten 3,9 Millionen Tonnen Pflanzenkohle hergestellt und 31 Milliarden Kilowattstunden Wärmeenergie gewonnen werden. „Das entspricht einem Prozent des jährlichen Gesamtenergieverbrauchs von Deutschland", rechnet Groß vor. 14 Millionen Tonnen CO2 ließen sich vermeiden. „Der Gesamtausstoß an CO2 in Deutschland würde so um fast zwei Prozent sinken", so der Forscher.
Was den Ottersdorfer mindestens ebenso sehr begeistert wie der Nutzen für das Klima, sind die positiven Folgen, die eine Ausbringung der Aktivkohle auf die Äcker hätte. „Die Kohle ist ein sehr wertvolles Produkt für die Landwirtschaft, denn sie verbessert wesentlich die Fruchtbarkeit der Böden", erklärt Groß begeistert. Und das geht so: Kohle ist porös. Sie nimmt Wasser und darin gebundene Nährstoffe, wie zum Beispiel Gülle, auf wie ein Schwamm. Im Boden gibt die Kohle ihre nährende Fracht nach und nach an die Pflanze ab. „Der eingebrachte Dünger gelangt auf diese Weise nicht ins Grundwasser, sondern bleibt genau da, wo er gebraucht wird – im Wurzelbereich der Pflanze", erläutert Groß. Dadurch werde insgesamt auch weniger Dünger benötigt. „Für das PFC-Problem, das wir in Mittelbaden haben, könnte die Aktivkohle ebenfalls eine Lösung sein."
Groß‘ Verfahren ließe sich auch in Entwicklungsländern gut einsetzen, wo die Böden oft besonders ausgelaugt sind. Der Forscher hat einen Solarkocher entwickelt, mit dem sich die Verschwelung von Grünabfällen zum kleinen Preis durchführen lässt. „Der Solarkocher ist so einfach und billig herzustellen, dass selbst ein Bauer in Afrika ein solches Gerät basteln kann", meint Groß. Karton, Alufolie, Tapetenkleister und ein paar Kabelbinder reichen für die Konstruktion aus. Die Bauern könnten mit Hilfe der Geräte nicht nur Kohle herstellen, sondern auch ihr Essen kochen, ohne dafür Bäume abholzen zu müssen.
Doch zunächst will sich Groß auf Deutschland konzentrieren und hofft nun, dass er Partner aus Politik, Kommunen und der Bevölkerung findet, die ihn bei der Umsetzung seines ehrgeizigen Projekts unterstützen.
Weitere Informationen unter Telefon (07222) 68418, unter www.gross-sonnenenergie.com und auf dem YouTube-Kanal „Kohle in den Boden".
Kontakt: Dr. Groß Sonnenenergie | kontakt@erwin-gross.de
Technik | Innovation, 29.05.2019
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