Analyse: Sinn und Unsinn des deutschen Pfandsystems

Kennen Sie die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Pfand-Arten?

Wer meint, der Flaschenpfand wäre ein weiteres Beispiel für deutsche Bürokratie, der irrt. Zum einen ist das Rückgabesystem für Leergut durchaus ökologisch wertvoll, zum anderen existiert es auch in vielen anderen europäischen Ländern sowie in einigen kanadischen und US-amerikanischen Bundesstaaten. 

© sr_verde, pixabay.com
Beim Flaschenpfand wird zwischen Einweg und Mehrweg unterschieden, wobei viele Kunden den Unterschied gar nicht kennen. Der lässt sich aber ganz einfach erklären: Mehrwegflaschen werden wiederbefüllt, Einwegflaschen werden dem Wertstoffkreislauf zugeführt und bestehen in der Regel aus PET. Sie sind per Gesetz mit 0,25 Euro Pfand belegt, während dieser bei Mehrwegflaschen unterschiedlich hoch ist. Für Bierflaschen ohne Bügelverschluss sind es 0,08 Euro, für solche mit Pfand regional sogar bis zu 0,50 Euro Pfand - die Abfüller können den Pfand bei Mehrwegflaschen selbst festlegen. Sonstige Glas- oder Hartplastikflaschen, beispielsweise für Wasser oder Limonade, schlagen meist mit 0,15 Euro Pfand zubuche.

Vereinfachte Flaschenrückgabe seit 2006
In Deutschland gab es den Mehrwegflaschen-Pfand erstmals 1929, der für Einweg-Getränkeverpackungen wurde hingegen erst 2003 eingeführt. Grund der Einführung des Einwegpfands war der sinkende Anteil an Mehrwegflaschen. Klagen von Einzelhandel und Getränkeindustrie gegen das neue Pfandsystem wurden damals abgewiesen. Zunächst wurden die Pfandflaschen immer nur dort zurückgenommen, wo sie gekauft wurden. Seit Mai 2006 sind alle Läden ab 200 qm zur bedingungslosen Rücknahme verpflichtet, sofern sie pfandpflichtige Einwegverpackungen verkaufen.

Auch in Österreich gibt es verschiedene Pfandklassen, allerdings nur für Mehrwegflaschen. Anders in der Schweiz: Hier werden PET-Einwegflaschen zwar zurückgenommen, der Kunde zahlt jedoch keinen Pfand. Vielmehr wird das Recycling vorfinanziert. Die Pfandbefreiung gilt aber nur, solange die Verwertungsquote von Getränkeverpackungen aus Glas, PET und Aluminium bei mindestens 75 Prozent liegt. Dafür verantwortlich ist der Verein PRS PET-Recycling Schweiz, dem fast alle Getränkeproduzenten, Importeure, Abfüller und Detaillisten des Landes angeschlossen sind.

Pfandsysteme in anderen Ländern
In Schweden gibt es den Einwegpfand für Glasflaschen mit 0,33 Liter bereits seit 1885. 100 Jahre später führten die Skandinavier den Dosenpfand ein und kurz darauf auch ein Pfandsystem für alle übrigen Flaschenarten. Mehrwegpfand gibt es hier ebenso wenig wie in Dänemark, wo der Pfand auf Dosen eine Krone, auf kleine PET-Flaschen anderthalb Kronen und auf große drei Kronen beträgt. In Portugal existiert Pfand auf Mehrwegflaschen für Bier und Cola und in Litauen kümmert sich wie in der Schweiz eine Organisation um die Rücknahme von Einwegflaschen, die eine Quote von über 90 Prozent erreicht.

Ob die Einführung des Einwegflaschen-Pfands in Deutschland der Umwelt wirklich geholfen hat, ist umstritten. Vor allem Umweltverbände zweifeln am Sinn und fordern vielmehr ein Verbot von Einwegverpackungen. Mehrwegflaschen können bis zu 50 Mal neu befüllt werden. Für die Abfüller bedeuten sie zwar einen logistischen und damit auch finanziellen Mehraufwand, doch die Umwelt profitiert von weniger Plastikmüll

Selbst wenn Kunden von diesem Vorteil wissen, haben sie oft gar keine andere Wahl als Einwegflaschen zu kaufen, denn einige Discounter bieten nur diese an. Die Quote der Mehrwegverpackungen sinkt daher immer weiter, was kontraproduktiv ist. So wurden 2012 fast 64 Prozent mehr Getränkedosen verkauft als 2009, aber vier Prozent weniger Mehrweg-Glasflaschen.

Innovative Produkte aus PET-Flaschen
Für Kunden hat sich in Deutschland durch die vereinfachte Rückgabe seit 2006 zwar einiges verbessert, für die Umwelt aber nur wenig. Die Politik sieht bislang keinen Grund zum Handeln und hält an beiden Pfandsystemen fest. Einige Unternehmen machen aus der Not eine Tugend und setzen auf Upcycling statt Recycling. 

Adidas verwertet beispielsweise in Zusammenarbeit mit Parley Plastikmüll aus dem Meer. So werden aus PET-Flaschen funktionale Sportbekleidung und Schuhe.


     
        
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