„Wir werden die Situation im Kakaoanbau nur verbessern, wenn wir dorthin gehen, wo der Kakao angebaut wird.“

forum-Interview mit Giovanni Schiavo, Teamleiter Kakao Einkauf, zur Kakao-Sourcing-Strategie von Ritter Sport

Seit Anfang 2018 bezieht die Alfred Ritter GmbH & Co. KG als erster großer Tafelschokoladehersteller für das gesamte Sortiment zu 100 Prozent zertifiziert nachhaltigen Kakao. Diese Umstellung auf ausschließlich zertifiziert nachhaltige Ware ist für das Familienunternehmen ein echter Meilenstein und zugleich „nur" ein Etappenziel auf dem Weg zu größtmöglicher Transparenz. Giovanni Schiavo, der als Teamleiter für den Kakao-Einkauf zuständig ist, erklärt im Interview die weitere Strategie des schwäbischen Schokoladenherstellers. 

Giovanni Schiavo (r.) und ein Kollege vom Ritter Sport Cacao-Nica Programm
Herr Schiavo, das Ziel, nur noch zertifiziert nachhaltigen Kakao zu beziehen, hat Ritter Sport inzwischen erreicht. Warum ist das Thema für Sie damit nicht erledigt?
Die Umstellung war auf jeden Fall ein sehr wichtiger Schritt, aber wir wollen mehr. Wir wollen genau wissen, woher unser Kakao stammt und wie er angebaut wird, das heißt unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen. Einen Teil unseres Kakaos – aktuell rund 60 Prozent – beziehen wir direkt von Bauern und Kooperativen, zu denen wir unmittelbare Kontakte aufgebaut haben. Den Rest kaufen wir als zertifiziert nachhaltige Ware am Weltmarkt. Diesen Anteil wollen wir mittelfristig auf ein Minimum reduzieren. Und dazu brauchen wir weitere persönliche und langfristige Partnerschaften mit Bauern und Kooperativen.

Was bedeutet das konkret?
Gemeinsam mit Kollegen in unterschiedlichen Anbauregionen arbeiten wir intensiv daran, weitere Partnerschaften aufzubauen, Lieferbeziehungen zu etablieren, neue Programme zu identifizieren und vor allem auch die Wirksamkeit, dessen, was wir vor Ort tun, zu überprüfen und zu unterstützen.

Worin liegen denn aus Ihrer Sicht die Vorteile dieses Direktbezugs?
Setzt für Ritter Sport am Beginn der Wertschöpfungskette an: Giovanni Schiavo, Teamleiter Kakao Einkauf. © Ritter SportDas lässt sich am besten mit den Worten Transparenz und Wirksamkeit zusammenfassen. Transparenz bedeutet, wir wissen von wem und unter welchen Bedingungen unser Kakao angebaut wird. Das heißt, wir wissen auch, wo die jeweiligen Bauern besondere Unterstützung brauchen. Und können da ganz konkret und mit den Partnern vor Ort abgestimmt ansetzen. Das meinen wir mit Wirksamkeit. Ich weiß aus Erfahrung, mit mehr Geld allein ist es oftmals nicht getan.

Sondern? Wo besteht nach Ihrer Ansicht besonderer Handlungsbedarf?
Das ist je nach Anbauregion verschieden. Wissensvermittlung steht sicher ganz oben auf der Agenda. Das beginnt bei der Professionalisierung des Anbaus und der Baumpflege. Wie muss ich meine Bäume schneiden, um die Erträge zu verbessern. Auch die Verjüngung der Baumbestände spielt eine wichtige Rolle. Viele Kakaobäume sind sehr alt und bringen kaum noch Ertrag. Jeder, der einen alten Apfelbaum im Garten hat, weiß, dass je älter der Baum wird, desto weniger Äpfel trägt er. Das ist beim Kakao nicht viel anders. 

Eine wichtige Anbauregion für Kakao ist Westafrika. Wie würden Sie die Situation dort beschreiben?
Giovanni Schiavo im Gespräch mit Kakaobauern in Westafrika. © Ritter SportDas Kakaogeschäft ist in Westafrika vor allem durch viele Zwischenhändler geprägt, die alle am Kakao verdienen wollen. Bei dem einzelnen Bauern, der ganz am Anfang dieser doch sehr komplexen Wertschöpfungskette steht, kommt dann leider viel zu wenig an. Mit all den negativen Folgen. Außerdem verhindert es eben jene Transparenz, die uns so wichtig ist. Deshalb arbeiten wir intensiv daran, gerade auch in Westafrika direkte Lieferpartnerschaften zu etablieren. In der Elfenbeinküste ist uns das zusammen mit Partnern, die seit langem vor Ort arbeiten, bereits gut gelungen. Zusätzlich werden wir künftig mit einer eigenen Ansprechpartnerin in der Region präsent sein, um in erster Linie weiterhin Vertrauen aufzubauen. Wir werden die Situation im Kakaoanbau nur verbessern, wenn wir dorthin gehen, wo der Kakao angebaut wird. Wir nennen das immer „in den Ursprung" und meinen damit, wirklich am Beginn der Wertschöpfungskette anzusetzen. Das ist dann eben mehr als „nur" zertifiziert nachhaltigen Kakao zu beziehen. Nicht immer einfach, mitunter langwierig, aber erfolgversprechend.

Quelle: Alfred Ritter GmbH & Co. KG

Lifestyle | Essen & Trinken, 14.08.2018
     
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