EBS Executive School: Top-Weiterbildung in Sustainable Finance & Sustainable Business

Lokale und regionale Entscheidungsträger gegen Liberalisierung und Wettbewerb im Wassernetz

Der Ausschuss der Regionen befürwortet einen allgemeinen Zugang zu sauberem und gesundem Trinkwasser als grundlegende öffentliche Dienstleistung

Der Europäische Ausschuss der Regionen unterstützt den von der Europäischen Kommission am 1. Februar 2018 vorgelegten Legislativvorschlag für die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie. Indes moniert er maßgebliche Defizite. Die AdR-Mitglieder fordern die Einführung eines europaweit einheitlichen Prüf- und Beurteilungsschemas für Materialien und Produkte in Kontakt mit Trinkwasser. Mikroplastik erachten die Städte und Regionen als klares Gesundheitsrisiko und verlangen eine enge Überwachung. Die Mitglieder sind sich einig darin, dass die EU jeglicher Liberalisierung der Verteilung von Wasser und jedwedem Wettbewerb im Wassernetz einen Riegel vorschieben sollte, da sauberes und gesundes Trinkwasser als grundlegende öffentliche Dienstleistung anzusehen ist. Die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie ist Teil des Aktionsplans der EU für die Kreislaufwirtschaft und gleichzeitig eine Reaktion auf die erste erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative Right2Water vom Dezember 2013. Nahezu zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger forderten die Europäische Kommission auf, die einschlägigen Rechtsvorschriften zu verbessern, um einen allgemeinen Zugang zu sauberem und gesundem Trinkwasser als grundlegende öffentliche Dienstleistung sicherzustellen. 
 
© JuergenM, pixabay.com
Der Europäische Ausschuss der Regionen hat eine Stellungnahme zum Thema „Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch" verabschiedet. Berichterstatter war Mark Weinmeister (DE/EVP), Staatssekretär für Europaangelegenheiten des Landes Hessen, der auf der Plenartagung erklärte: „Wasser ist lebenswichtig, und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind dafür verantwortlich, den Zugang zu einer angemessenen und sicheren Versorgung zu gewährleisten. Der Zugang zu sicherem und gesundem Wasser ist der elementarste Teil der Daseinsvorsorge. Deshalb tut ein ehrgeizigerer Ansatz Not, um die EU-Richtlinie in Einklang mit den WHO-Leitlinien zu bringen." 
 
Die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission insofern, als er darauf abhebt, gutes Trinkwasser für alle Verbraucher gemäß UN-Nachhaltigkeitsziel 6 („Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten") sicherzustellen. 
 
Indes machen die Städte und Regionen die Gesetzgeber auf eine ganze Reihe potenzieller Umsetzungsprobleme aufmerksam, denen Rechnung getragen werden muss. Die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen  
  • lehnen den Vorschlag der Europäischen Kommission ab, Indikatorparameter, die hygienische Anforderungen zur Trinkwasserqualität über Geruch, Geschmack und Aufbereitungsverfahren aufstellen, zu streichen, und befürworten, diese wieder aufzunehmen; 
  • fordern die EU-Gesetzgeber auf, die Vorschriften anzupassen und dafür zu sorgen, dass allen Verbrauchern das gleiche Gesundheitsschutzniveau und die gleiche Trinkwasserqualität zuteilwerden, da vorgesehen ist, dass Versorgungsanlagen mit weniger als 10 m3 pro Tag Wasserentnahme oder mit weniger als 50 versorgten Personen, sofern die Wasserbereitstellung nicht im Rahmen einer gewerblichen oder einer öffentlichen Tätigkeit erfolgt, keine Berücksichtigung in den Regelungen finden; 
  • verlangen, dass die Europäische Kommission alle in der Richtlinie in Bezug genommen Größen von Versorgungsanlagen definiert und auflistet, da die Berichterstattung und die Häufigkeit der Kontrollen für Wasserversorgungsunternehmen mit einer Abgabemenge von weniger als 500 m3 pro Tag verhältnis- und zweckmäßig sein sollten; 
  • sprechen sich dafür aus, nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit und des vorbeugenden Ansatzes der WHO als Kriterium für eine Gesundheitsgefährdung das Überschreitungsniveau anzulegen, und fordern die Europäische Kommission auf, im Einklang mit den Empfehlungen der WHO höhere Parameterwerte festzulegen; 
  • mahnen an, das Vorsorgeprinzip sowie bestimmte „Abweichungen", die den Mitgliedstaaten erlaubt sind, in die Neufassung wieder aufzunehmen; 
  • geben zu bedenken, dass es keine abgestimmten Methoden zur Bewertung und gesundheitlichen Risikoabschätzung von Mikroplastik gibt; 
  • weisen darauf hin, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission keine Definition für „Vorsorge-Richtwerte" bietet.
Aufgrund ihrer Zuständigkeiten für die Bewirtschaftung und Verteilung von Wasser für den menschlichen Gebrauch kommt den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wesentliche Rolle bei der Versorgung aller Bürger mit sicherem und gesundem Leitungswasser zu. Die neugefasste Richtlinie muss den Rahmen und die Verfahren bereitstellen, damit die Gebietskörperschaften diese Aufgabe erfüllen können.
 
Zusätzliche Informationen  
Die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch in der EU wird aktuell durch die Richtlinie 98/83/EG geregelt. Am 1. Februar 2018 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Neufassung der Trinkwasserrichtlinie vor, um die Trinkwasserqualität, den Zugang der Bürger zu Trinkwasser und die Information der Bürger zu verbessern.
 
Right2Water" ist die erste Europäische Bürgerinitiative, die die erforderliche Zahl Unterschriften sammeln konnte (mindestens eine Million gültige Unterschriften aus sieben Mitgliedstaaten). Diese wurden der Europäischen Kommission am 20. Dezember 2013 vorgelegt. Right2Water verlangt, dass „EU-Rechtsvorschriften [...] die Regierungen dazu verpflichten [sollten], für alle Bürger und Bürgerinnen eine ausreichende Versorgung mit sauberem Trinkwasser sowie eine sanitäre Grundversorgung sicherzustellen". Die Initiative stellt folgende Forderungen „1. Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle Bürger und Bürgerinnen das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung haben. 2. Die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen darf nicht den Binnenmarktregeln unterworfen werden. Die Wasserwirtschaft ist von der Liberalisierungsagenda auszuschließen. 3. Die EU verstärkt ihre Initiativen, einen universellen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung zu erreichen." 
                 
Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ist die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter aus allen 28 EU-Mitgliedstaaten. Er wurde 1994 auf der Grundlage des Vertrags von Maastricht errichtet und hat die Aufgabe, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in den Beschlussfassungsprozess der EU einzubinden und sie über die EU-Politik zu informieren. Das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission hören den AdR in den für die Städte und Regionen relevanten Politikbereichen an. Alle 350 Mitglieder und 350 stellvertretenden Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen müssen entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat innehaben oder in ihrer Heimatregion beziehungsweise Heimatstadt gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sein. Weitere Informationen zu den Mitgliedern aus Ihrem Land finden Sie hier.
 
Kontakt: David Crous | david.crous@cor.europa.eu

Umwelt | Wasser & Boden, 18.05.2018

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Save the Ocean

forum 02/2025 ist erschienen

  • Regenerativ
  • Coworkation
  • Klimadiesel
  • Kreislaufwirtschaft
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
22
MÄR
2025
9. Pioneers of Change Online Summit
Regeneration - Kraft für eine lebendige Welt | Rabatt aufs Kongresspaket für forum-Leser*innen!
online, bis 25.03.
03
APR
2025
ESG-Transformation trotz CSRD-Verschiebung?
Erweist sich der Omnibus-Entwurf für Unternehmen als Vorteil oder Bärendienst?
Webinar
26
MAI
2025
Transformation der Arbeit & Unternehmenskultur 2025
10. Jahrestagung: Neue Arbeitsmodelle, neue Anforderungen | 40% Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
60598 Frankfurt
Alle Veranstaltungen...

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Verlässlichkeit, Wohlwollen, Verletztlichkeit
Christoph Quarchs Prüfsteine für die Vertrauenswürdigkeit von Politikern
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Moosdisplays sorgen für frische Luft in der Marktplatz Galerie

Flexibel und wirtschaftlich: Lösungen für die rechtssichere Umsetzung dynamischer Nachhaltigkeitsvorgaben

Tausendfach klimaschädlicher als CO2

Waldwissenschaft einig: Intakte Wälder sind Grundvoraussetzung für Ernährungssicherheit

Ressourcen-Intelligenz: Neues Sicos BW-Projekt mit dem Umweltministerium BW setzt auf Zukunftstechnologien

Wasserstoff-Microgrids ...

Unser Lebenselixier: Wasser

Gelebte Nachhaltigkeit

Sustainable Finance, forum-Sonderveröffentlichung, Download kostenlos
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • toom Baumarkt GmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • NOW Partners Foundation
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • circulee GmbH
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Engagement Global gGmbH
  • Kärnten Standortmarketing