Freiwillige CO2-Kompensation
Grünes Feigenblatt oder wirksames Mittel gegen Klimawandel und Armut?

C02-Kompensation: Chance für die Sustainable Development Goals
Im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Minderung der Treibhausgasemissionen wurde mit dem Mechanismus für eine umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, CDM) ein Instrument geschaffen, das den Industrieländern ermöglicht, Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern durchzuführen. Damit sollen sie ihren Emissionsverpflichtungen nachkommen und zu einer weltweiten Verbreitung sauberer Technologien beitragen. Neben den verpflichtenden Maßnahmen für bestimmte Industriezweige spielt in diesem Zusammenhang das Prinzip der CO2-Kompensation auf dem sogenannten freiwilligen Kompensationsmarkt eine wesentliche Rolle. Bei diesem Verfahren gleichen Firmen, Organisationen und Privatpersonen die von ihnen verursachten CO2-Emissionen durch Emissionszertifikate aus Klimaschutzprojekten auf freiwilliger Basis aus.
2015 beschloss die UN-Vollversammlung 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG), die neben sozialen auch ökonomische sowie ökologische Gesichtspunkte enthalten. Da Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit untrennbar miteinander verbunden sind, ist der freiwillige Ausgleich eine handhabbare Möglichkeit, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und gleichzeitig die Armut in Ländern des globalen Südens zu mindern.
Wer trägt gerne Verantwortung?
Abgrenzend zum verpflichtenden Emissionshandel gründen freiwillige Kompensationen auf der Wahrnehmung von Verantwortung. Das Prinzip des freiwilligen Marktes beinhaltet, dass Emissionsquellen aus Strom- und Wärmeerzeugung, Mobilität, Herstellungsprozessen oder etwa Veranstaltungen, die selbst bei bestem Willen und hohem technischem Aufwand nicht weiter vermieden oder reduziert werden können, freiwillig kompensiert werden.
Das bedeutet im Klartext: Die Menge an Treibhausgasemissionen, die durch eine Person oder Organisation in Industrieländern verursacht wird, an einer anderen Stelle der Welt zu vermeiden oder der Atmosphäre zu entziehen. Freiwillig meint in diesem Zusammenhang, dass es keine rechtliche Verpflichtung gibt, auf der der Ausgleich der Emissionen beruht. Doch wer macht das schon freiwillig und sind diese Maßnahmen ausreichend?
Freiwillige Kompensation in Deutschland
Laut Umweltbundesamt kann die „freiwillige Treibhauskompensation als weiterer Mechanismus für den Klimaschutz entscheidend zu effizienter Vermeidung von Emissionen beitragen und gleichzeitig weitere positive Nebeneffekte erzielen". Der Markt für freiwillige Kompensationen in Deutschland ist deshalb groß, divers und ständig wachsend: Ob Emissionsausgleich von Flugreisen, klimaneutraler Versand, CO2-neutrale Webseiten, Druckprodukte oder Bäckereitüten, die klimaneutral hergestellt wurden: Sie alle entstammen dem Gedanken der freiwilligen Kompensation. Unternehmen und Organisationen beteiligen sich an diesem Markt im Zuge ihrer Selbstverpflichtungen zu nachhaltiger Entwicklung. Es handelt sich um freiwillige Leistungen, die nicht an die staatlichen Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll gebunden sind.

Klimaschutzprojekte variieren stark

Co-benefits der Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern

- Der Zugang zu Energie in Gebieten ohne Anschluss an ein lokales Stromnetz sowie die Verbreitung sauberer und effizienter Technologien werden durch die Projekte gefördert.
- Die Schaffung von Arbeit und zusätzlichem Einkommen durch die Projektimplementierung und die Wartung schaffen langfristige Entwicklungsperspektiven. Eine im Projekt verankerte kostenlose Wartung und Reparatur der Anlagen sichert deren Erhalt.
- Eine verringerte Abholzung geht einher mit einer verminderten Boden- und Wasserdegradation. So wird die Biodiversität erhalten und aufgewertet sowie die Luftqualität verbessert.
- Durch den Ersatz von Kerosin, Brennholz und Treibstoffen werden finanzielle Einsparungen erreicht, die Ausgaben für Nahrung und Bildung freigeben.
- Auf der sozialen und medizinischen Ebene liegen die größten Vorteile in einem verbesserten Gesundheitsschutz (Reduzierung von Abgasen, Rauch und Verbrennungen).

Photovoltaik- und Biogasanlagen erzeugen einen Zugang zur Energieversorgung, liefern moderne und saubere Energie und bedingen so eine ökologische Modernisierung in den Projektgebieten sowie zusätzliches Einkommen. Die Biogasanlagen produzieren außerdem Biodünger, der sich produktiv auf die Erträge in der Landwirtschaft auswirkt. Mit den Anlagen entstehen den Menschen eine Reihe von weiteren Vorteilen: Die eigenständige Nutzung bedeutet eine Kapazitätsentwicklung der Teilnehmenden im Sinn einer erweiterten sozio-ökonomischen Teilhabe. Die Übertragung von Verantwortung für Technologie und Handhabung auf die Beteiligten fördert deren Ermächtigung (Empowerment). Die Produkte wie Biogasanlagen oder Kocher bleiben über die Laufzeit des Projektes hinaus bestehen und tragen langfristig zu Klimaschutz und sozialer Verbesserung bei.
Dr. Olivia Henke hat 2016 an der Freien Universität Berlin am Forschungszentrum für Umweltpolitik zum freiwilligen Kompensationsmarkt in Deutschland und den Armutswirkungen von freiwilligen Klimaschutzprojekten promoviert. Sie arbeitet als Geschäftsführerin für die gemeinnützige Klima-Kollekte – Kirchlicher Kompensationsfonds.
Wirtschaft | CSR & Strategie, 01.12.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2017 - Jetzt die SDG umsetzen erschienen.

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