Jakob von Uexküll
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 30.09.2017
Voneinander lernen - Projekte für die Zukunft
Ein Kommentar von Jakob von Uexküll
Jakob von Uexküll, geboren 1944 in Uppsala, wurde das Engagement für benachteiligte Menschen in die Wiege gelegt. Mit seinem Vater, dem politischen Journalisten Gösta, diskutierte er schon früh über Hunger und Kriege in der Welt. Und auch die von seinem Vater geerbte Briefmarkensammlung wird später eine große Rolle in Uexkülls Leben spielen: 1980 traf er mit seinem Vorschlag, Akteure im Kampf gegen den Klimawandel zu ehren, bei der Nobelpreis-Stiftung auf Ablehnung. Kurzerhand gründete Uexküll 1980 auf eigene Faust – mit dem Erlös seiner Briefmarkensammlung – den Right Livelihood Award, auch bekannt als ,Alternativer Nobelpreis'. Im Jahr 2007 rief er zudem den World Future Council (Weltzukunftsrat) ins Leben, mit dem er sich für einen verantwortungsvollen und enkeltauglichen Umgang mit unserem Planeten einsetzt.Umweltzerstörung, Klimawandel, Kriege und Krisen haben unseren Planeten und unsere Gesellschaften nachhaltig erschüttert. Wir können uns jetzt selbst die Schuld geben oder mit dem Finger auf andere zeigen. Aber besser machen – das zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre – werden wir es trotzdem nicht. Unser größtes Versagen besteht daher nicht im Klimawandel oder anderen globalen Krisen. Vielmehr reagieren wir nicht angemessen auf diese Herausforderungen, obwohl viele Lösungen vorhanden sind.
Woran das liegt? Häufige Antworten sind entweder Pessimismus („Es ist doch alles zu spät") oder Optimismus („Die da oben oder irgendeine technische Erfindung werden uns noch retten") – beides bequem, aber unverantwortlich. Denn man braucht in beiden Fällen nicht aktiv zu werden.
Ich bezeichne mich als einen „Possibilisten". Ich weiß, dass Lösungen sich sehr schnell verbreiten können. Seit 35 Jahren zeigt der Alternative Nobelpreis, was einzelne Menschen und Initiativen erreichen können, wenn sie eine Weltordnung mit der Natur statt gegen sie vorantreiben. Der Schweizer Dr. Hans Herren zum Beispiel, Träger des Alternativen Nobelpreises 2013, hat nach UN-Schätzungen mit seiner biologischen Schädlingsbekämpfung zur Rettung der Maniok-Wurzel in Afrika mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Hungertod gerettet. Die Unterstützung von solchen einzelnen „Projekten der Hoffnung" reicht jedoch für eine rechtzeitige Wende nicht aus. Denn Innovationen entwickeln sich nicht in einem Vakuum. Sie reagieren auf sie umgebende Anreize – und zwar besonders schnell auf gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen. Schon Aristoteles sagte: „Eine gute Gesellschaft ist auf guten Gesetzen gebaut."
Wenn dieser Gedanke global weitergedacht wird, kommen wir zu einem logischen Schluss: Länder, Regionen, Städte und Gemeinden können – ja, müssen – voneinander lernen, damit die gesamte Menschheit einen nachhaltigen Wandel vollziehen kann. Ein Beispiel: Großbritannien hatte vor zehn Jahren, trotz besserer Bedingungen für die Nutzung von Windkraft, nur einen Bruchteil der deutschen Windenergie-Leistung. Hierzulande hatte man zuvor das Erneuerbare-Energien-Einspeisegesetz (EEG) entwickelt. Daraus hat Großbritannien gelernt und ebenfalls ein EEG eingeführt. Alleine die aus den damit geförderten Photovoltaik-Anlagen gewonnene Energie entspricht der Leistung von fünf größeren Atom- oder Kohlekraftwerken.
Solche Möglichkeiten inspirierten mich, den World Future Council (WFC) zu gründen. Dieser internationale Rat informiert Gesetzgeber weltweit, wo es schon erfolgreiche Gesetze gibt und hilft ihnen dabei, diese bei sich umzusetzen. Der WFC hat so eine entscheidende Rolle bei der Einführung von EEGs in Japan, Südafrika und eben in Großbritannien gespielt.
Wenn wir es schaffen, durch diese Multiplikator-Effekte Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zu überzeugen, gute und nachhaltige Gesetze einzuführen, können wir den Wandel nicht nur schneller vollziehen, sondern deutlich wirksamer und in viel größerem Maßstab.
Beim Wandel hin zu einer gerechten, fairen und nachhaltigen Welt sehen wir uns als die Stimme zukünftiger Generationen: Wenn wir jetzt nicht handeln, dann steuert diese Welt auf Krisen ungeahnten Ausmaßes zu. Der Klimawandel erzeugt Naturkatastrophen. Diese wiederum erzeugen Hungerkrisen und die führen unweigerlich zu Kriegen und Konflikten. Unsere Kinder vertrauen darauf, dass wir jetzt ernst machen, sonst werden sie in einer Welt aufwachsen, die nicht (mehr) lebenswert ist.
Quelle: World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2017 - Tierische Geschäfte erschienen.
Weitere Artikel von Jakob von Uexküll:
Verwüsten wir die Erde?
Der Weltzukunftsrat wirft den Rettungsanker
Die Wüstenbildung ist eine der größten Umweltherausforderungen unserer Zeit. Der World Future Council sucht nach Lösungen und setzt dabei auf den Future Policy Award.
Der Weltzukunftsrat wirft den Rettungsanker
Die Wüstenbildung ist eine der größten Umweltherausforderungen unserer Zeit. Der World Future Council sucht nach Lösungen und setzt dabei auf den Future Policy Award.
forum future economy
forum Nachhaltig Wirtschaften heißt jetzt forum future economy.
- Mit diesem Schritt markiert der Verlag bewusst eine Zeitenwende – hin zu einer Wirtschaft, die Zukunft schafft, statt nur Probleme zu verwalten.
Kaufen...
Abonnieren...
09
DEZ
2025
DEZ
2025
Club of Rome Salon: Building the City of the Future (in English)
Cities, World Expos, and Stakeholders Driving Sustainability
10178 Berlin
Cities, World Expos, and Stakeholders Driving Sustainability
10178 Berlin
Anzeige
Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht
Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol
Politik
Die Wahrheit in der PolitikChristoph Quarch betrachtet die aktuellen Realitätsverweigerungen mit Sorge
Jetzt auf forum:
The GREEN MONARCH Awards 2025 Verleihung in Berlin
forum Nachhaltig Wirtschaften heißt jetzt forum future economy
future economy: Regeneration als neue Fortschrittserzählung
Für Hobby- und professionellen Gartenbau: Label kennzeichnet nachhaltige Substratherstellung
"Was heute vermieden wird, muss später unter massivem Zeit- und Kostendruck nachgeholt werden."















