Windenergie 2016: Fit für den Wettbewerb
Wie das neue Erneuerbare-Energiengesetz (EEG 2016) die Marktfähigkeit der Windenergie herstellen soll
20 – 20 – 20: Auf diese Formel lassen sich die Beschlüsse zusammenfassen, auf die sich der Europäische Rat am 24. Oktober 2014 in Brüssel einigen konnte: Bis zum Jahr 2020 sollen die EU-Mitgliedsstaaten ihre Treibhausemissionen um mindestens 20 Prozent reduzieren – bei gleichzeitiger Erhöhung der Energieeffizienz um 20 Prozent. Dabei soll der Gesamtenergieverbrauch einen Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 20 Prozent erreichen.
Das ist durchaus realistisch. Wie in den Jahren zuvor wurden Windräder in Deutschland in hohem Umfang errichtet. Zu viel – fürchtet die Bundesregierung, denn Stromerzeugung und Stromverbrauch passen nicht immer zusammen. Als im Herbst 2015 Sturmtief „Iwan" die Windräder rotieren ließ, führte das zu einer Überlastung des deutschen Stromnetzes. Aufgrund der Überbeanspruchung der wenigen Nord-Süd-Trassen mussten zum Teil süddeutsche und österreichische Reservekraftwerke zugeschaltet werden, um das Netz zu stabilisieren. Es ist nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber diese Auswüchse zukünftig besser steuern will.
Die beiden großen erneuerbaren Energieträger Sonne und Wind wurden in den vergangenen 15 Jahren unter anderem durch die Zahlung fixer Einspeisevergütungen von der Politik als grüne Energien gefördert, was allerdings in der Vergangenheit auch zu teuren Überkapazitäten geführt hatte. Allein in Deutschland wurden dem letzten Marktbericht zufolge im vergangenen Jahr 822 Onshore und 546 Offshore-Windanlagen installiert. Der Gesamtbestand wuchs so auf eine Leistung von insgesamt 41,6 GW Onshore und 3,3 GW Offshore, die im alten EEG festgelegten Ausbaukorridore wurden regelmäßig überschritten. Mittlerweile gilt das System der festen Vergütung als überholt.
Was leistet das neue Ausschreibungsmodell?
Vor diesem Hintergrund verabschiedet sich das am 08. Juli vom Bundestag beschlossene neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) von der fixen Einspeisevergütung mit dem Ziel, die Errichtung von Windkraftanlagen langfristig in ein marktfähiges Modell überzuführen.
Ab 2017 soll die Vergütung nicht mehr staatlich garantiert sein, sondern einem wettbewerblichen Ausschreibungssystem unterliegen: Alle Anbieter werden nach Preis sortiert und erhalten dann beginnend mit dem kostengünstigsten Betreiber den Zuschlag, bis die jeweilige Ausschreibungsgrenze erreicht ist. Windenergiebetreiber, deren Angebote zu teuer sind, gehen leer aus. Mit diesem neuen System soll der für die Energiewende notwendige Ausbau unter Berücksichtigung einer effizienten Kostenkontrolle weiterhin sichergestellt und die Erzeugung von Überkapazitäten oder die Errichtung von Kraftwerken an unrentablen Standorten vermieden werden. Mit den Ausschreibungen sollen drei Ziele verfolgt werden:
- Planbarkeit
Die Ausschreibungen ermöglichen eine effektive Steuerung des Ausbaukorridors: Bei steigender oder sinkender Nachfrage kann die Ausschreibungsmenge erhöht oder verringert werden. - Wettbewerb
Künftig werden die Kosten mit in die Überlegung einfließen. Dadurch erhöht sich der Wettbewerb zwischen den Anlagenbetreibern. Nur wer kostengünstige Lösungen anbieten kann, für den lohnt sich auch die Stromvergütung. - Akteursvielfalt
Über Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften soll sichergestellt werden, dass Windstrom auch weiterhin grundsätzlich jeder anbieten kann.
Für die nächsten drei Jahre soll beginnend mit 2017 jeweils brutto (d.h. ohne Berücksichtigung von stillgelegten Windkraftanlagen) eine Zubauleistung von 2.800 MW im Onshore-Bereich jährlich ausgeschrieben werden. Danach soll die Menge auf 2.900 MW jährlich ansteigen.
Im Offshore-Bereich wird ein Ausbauziel von 6,6 GW für das Jahr 2020 vorgegeben. Zehn Jahre später sollen es schon 15 GW sein. Um einen konstanten Anstieg zu erreichen, soll die jährliche Ausschreibungsmenge 730 MW betragen. Als zusätzliche Voraussetzung gilt für den Offshore-Bereich eine Netzanbindung, um die Erzeugung auf hoher See mit dem Netz an Land zu verbinden.
Der Wechsel von fixer Einspeisevergütung hin zum marktwirtschaftlichen Ausschreibungsmodell muss aber u.a. sicherstellen, dass die Eigentümer von Projekten, die sich aktuell in der Entwicklungsphase befinden und deren Wirtschaftlichkeit die Erlangung eines festen Einspeisetarifs unterstellt, nicht unangemessen benachteiligt werden. So sind zum Beispiel Projekte, die noch in 2016 genehmigt und bis spätestens Ende 2018 in Betrieb genommen werden, von den Ausschreibungsregelungen ausgenommen und erhalten weiterhin den aktuell vorgesehenen festen Tarif.
Die Übergangsregelung ist von entscheidender Bedeutung, um wirksam Diskussionen über echte Rückwirkungen des EEG 2017 mit Blick auf den Umgang mit Projekten vorzubeugen, für die bereits vor Inkrafttreten der Novelle Investitionsentscheidungen auf Basis einer fixen Einspeisevergütung getroffen worden waren. Es zeigt sich, dass deswegen einige Projektentwicklungen auf Hochtouren laufen – um in diesem Zusammenhang unerwünschte Vorzieheffekte zu vermeiden, hat der Gesetzgeber von März bis August 2017 eine Sonderdegression von 1,05% pro Monat für Windprojekte eingeführt, die in diesem Zeitraum in Betrieb genommen werden.
Windenergie hat im Vergleich zu konventioneller Energieerzeugung einen entscheidenden Nachteil: Windkraft wird nicht unbedingt dort erzeugt, wo sie gebraucht wird, sondern da, wo sie entsteht, mit einem Schwerpunkt in Nord- und Ostdeutschland, so dass durch den starken Ausbau der Windkraft in diesen Regionen Engpässe in bestehenden Übertragungskapazitäten entstanden sind. Dieser Engpass soll durch eine Beschränkung des Ausbaus der Windkraft sowie Erweiterung der Netze in den betroffenen Gebieten, den sogenannten Netzausbaugebieten, gewährleistet werden. Die Festlegung von Netzausbaugebieten darf u.a. nicht 20 Prozent der Bundesfläche überschreiten, hat netzgebiets- oder landkreisscharf zu erfolgen und wird durch die Bundesnetzagentur bis zum 31. Juli 2019 per Rechtsverordnung vorgenommen. Änderungen und Anpassungen können frühestens ab 2020 und dann alle zwei Jahre in Kraft treten.
Wer wird durch das EEG profitieren?
Das EEG steht im Zeichen der europaweiten Energiewende. Einerseits sollen alternative Energien wie die Windenergie weiter ausgebaut werden. Auf der anderen Seite sollen nach Maßgabe des Gesetzgebers diese Energieerzeuger immer stärker in die Strommärkte und in das Elektrizitätsversorgungssystem integriert werden, um hierbei insbesondere Überkapazitäten und Engpässe bei der Übertragungskapazität zu vermeiden. Die Reform ist insoweit dem Grunde nach eine logische Weiterentwicklung der im EEG 2014 begonnenen Heranführung der alternativen Energien an den Markt.
Das EEG steht im Zeichen der europaweiten Energiewende. Einerseits sollen alternative Energien wie die Windenergie weiter ausgebaut werden. Auf der anderen Seite sollen nach Maßgabe des Gesetzgebers diese Energieerzeuger immer stärker in die Strommärkte und in das Elektrizitätsversorgungssystem integriert werden, um hierbei insbesondere Überkapazitäten und Engpässe bei der Übertragungskapazität zu vermeiden. Die Reform ist insoweit dem Grunde nach eine logische Weiterentwicklung der im EEG 2014 begonnenen Heranführung der alternativen Energien an den Markt.
Die Abwendung von der fixen Einspeisevergütung hin zur markttauglichen Ausschreibung sollte vor allem jenen Marktteilnehmern nutzen, die bereits jetzt auf eine marktgängige kostenbewusste Entwicklung gesetzt haben. Für Entwickler von Windprojekten dürfte die mit der Ausschreibung verbundene Unsicherheit hinsichtlich der endgültigen Ertragsstärke eines Projekts in Verbindung mit einem zunehmend kleiner werdenden Markt bei weiterhin hoch kompetitiven Umfeld dazu führen, dass diejenigen Entwickler schnell auf der Strecke bleiben, die mit den steigenden Kostenrisiken nicht umgehen können.
Aber auch einen Asset Manager wie KGAL stellen die vorbeschriebenen Änderungen im Marktumfeld vor neue strategische Entscheidungen. Investitionen müssen immer früher innerhalb der Wertschöpfungskette realisiert werden, um überhaupt noch Zugriff auf attraktive Projekte zu haben. Neben höheren Renditeerwartungen schließt dies die Bereitschaft ein, bei einem „Green-Field-Investment" größere Risiken ein- und mit diesen umgehen zu können. Die Herstellung der Marktfähigkeit auf dem Windenergiemarkt stellt daher eine Herausforderung, aber auch eine große Chance dar und kommt zum richtigen Zeitpunkt.
Matej Lednicky, 41 Jahre, verfügt über zehnjährige Erfahrung im Bereich Erneuerbare Energien und leitet das Transaktionsmanagement Infrastruktur bei der KGAL Investment Management GmbH & Co.KG mit Sitz in Grünwald. In dieser Funktion verantwortet der Jurist sämtliche Investitionen im Bereich Erneuerbare Energien der KGAL Gruppe. Sein Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung von Transaktionen für Wind Onshore sowie Photovoltaik.
Kontakt: KGAL Investment Management GmbH & Co.KG | www.kgal-investment-management.de
Technik | Energie, 25.11.2016
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