Was tun bei Ärztepfusch? Keine einfache Frage!

Nicht die Regel, aber ein ernst zu nehmendes Problem.

Sicherlich: Es gibt Arztbesuche ohne konkreten Anlass. Vor allem zum Zahnarzt geht man in der Regel mindestens einmal im Jahr aus Routine und zu Kontrollzwecken. Die meisten der rund 700 Millionen Konsultationen mit einem Arzt im Jahr 2014 betrafen aber in der Regel akute Leiden.
 
Mediziner widmen viel Zeit einer ihrer schwierigsten Kernaufgaben: der Diagnose. © Flown pixelio.deEntsprechend viel Zeit widmen Mediziner einer ihrer schwierigsten Kernaufgaben: der Diagnose. Denn für viele äußere Anzeichen von Krankheiten kann es eine große Zahl unterschiedlicher Krankheitsbilder geben. Entsprechend umfangreich ist das im Studium vermittelte Wissen. Doch nicht alle Ärzte halten ihr Wissen stetig auf dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Umgekehrt fehlt es vielen jungen Ärzten, die frisch von der Universität kommen, oftmals an einem ausreichenden Maß an praktischer Erfahrung, was die Einschätzung bestimmter Symptome und Krankheitsverläufe betrifft. Die Folge sind Fehldiagnosen bzw. falsche Behandlungsmethoden oder kurz: Ärztepfusch.
 
Nicht die Regel, aber ein ernst zu nehmendes Problem
Dass es bei 700 Millionen Beratungen und Behandlungen zu Fehlern kommen kann, ist nachgerade unvermeidlich. Dies umso mehr, als der Arbeitsalltag der Mediziner in Deutschland oftmals von jeder Menge Hektik geprägt ist. Gerade auf dem Land fehlt es Allgemeinmedizinern häufig an Zeit, dem hohen Patientenaufkommen in ausreichender Weise gerecht zu werden. Die Situation in den Krankenhäusern ist von Überstunden geprägt. Am Ende einer Doppelschicht ist es nur natürlich, wenn die Konzentration teilweise ein wenig nachlässt. Insofern geht es im Rahmen dieses Artikels nicht darum, einen Berufsstand an den Pranger zu stellen, sondern die Sensibilität von Patienten zu verbessern, sich selber stärker in die eigene Behandlung mit einzubringen. Denn dann lassen sich viele Fallstricke durch ein Vier-Augen-Prinzip verhindern.
 
Umgekehrt geht es dabei nicht darum, dem Arzt unnötig oft reinzureden und eine Vielzahl überflüssiger Fragen zu stellen. Vielmehr kommt es auf eine aktive mentale Begleitung des Behandlungsprozesses an und eine rechtzeitige Reaktion, wenn man das Gefühl bekommt, dass die Dinge in eine falsche Richtung laufen könnten. Hierdurch lassen sich sicherlich nicht alle Behandlungsfehler vermeiden (und sie bilden ja auch die absolute Ausnahme!), aber es hilft dabei, Flüchtigkeitsfehler in der Hektik des Alltags zu verhindern.
 
Um wie viele Fälle geht es eigentlich?
Neben den bereits erwähnten gut 700 Millionen ambulanten Behandlungen erfolgten in Deutschland 2014 gut 18 Millionen Aufenthalte im Krankenhaus. Dem stehen 14.700 Vorwürfe wegen falscher Behandlungen gegenüber, die 2014 beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen eingegangen sind. Von diesen wurden in 3.800 Fällen ärztliche Fehler als Ursache für bei Patienten erfolgte gesundheitliche Schäden angesehen. Setzt man diese Zahlen ins Verhältnis wird klar, dass es keinen Grund gibt, der medizinischen Versorgung in Deutschland kein Vertrauen entgegen zu bringen. Umgekehrt spiegelt diese Zahl aber nur die Fälle wieder, in denen ärztliche Fehler konkrete Folgen für die Gesundheit der betroffenen Patienten hatten.
 
Eine Vielzahl anderer Fehler wurde durch die von Natur aus erfolgende Regeneration des menschlichen Körpers wieder ausgeglichen. Außerdem wird eine große Zahl von Arztfehlern gar nicht als solche erkannt. Insofern gibt es in Bezug auf Kunstfehler von Medizinern einen großen Graubereich, der die Angelegenheit dann doch wiederum nicht so klein erscheinen lässt, wie die nackten Zahlen den Anschein erwecken. Doch auch in Bezug auf diesen Graubereich kommt es vor allem auf die Patienten an, sich stärker selber mit sich und ihrer Gesundheit zu beschäftigen, um erfolgte Fehler als solche zu erkennen und dann auch melden zu können.
 
Was tun, wenn es passiert ist?
Wer sich als Opfer von Ärztepfusch fühlt, kann einen auf Medizinrecht spezialisierten Anwalt konsultieren. © I-Vista pixelio.deVon entscheidender Bedeutung für den Nachweis eines Kunstfehlers durch einen Arzt ist die Kausalität der Behandlung für den eingetretenen gesundheitlichen Schaden. Je länger diese Behandlung zurückliegt, desto schwieriger ist die Erbringung entsprechender Beweise. Wer sich als Opfer von Ärztepfusch fühlt, sollte deshalb vor allen Dingen eines tun: schnell und klar reagieren.
 
Da das Vertrauensverhältnis zum betreffenden Mediziner dann ohnehin Schaden genommen hat und man diesen vermutlich nicht mehr aufsuchen wird, sollte umgehend der formale Weg beschritten werden. Denn wenn man sich zunächst beim Arzt selber meldet, könnte dieser versucht sein, die Beweissituation in seinem Sinne zu manipulieren. Insofern macht als erstes eine Rücksprache mit der eigenen Krankenkasse Sinn. Viele Krankenkassen haben inzwischen eine entsprechende Hotline eingerichtet, deren Nummer man im Internet recherchieren kann. Deren Experten geben Ihnen dann eine erste Einschätzung der Sachlage und der Chancen im Falle einer rechtlichen Weiterverfolgung.
 
Ebenfalls empfiehlt es sich, einen auf Medizinrecht spezialisierten Anwalt wie Rechtsanwalt Björn Weil zu konsultieren. Dieser kann Sie bei allen aufkommenden Fragen und einem Prozess optimal beraten und vertreten.
 
Einen langen Atem mitbringen
Wenn Sie sich dazu entschließen, mit einem Arzt in Streit über dessen Behandlungsmethoden zu treten, sollten Sie eine Sache klar vor Augen haben: Diese Sache regelt sich nicht von heute auf morgen. Und in Deutschland sind die Schadensersatzansprüche in aller Regel weit niedriger als dies bei vergleichbaren Fällen etwa in den USA der Fall ist, über welche hier zuweilen in den Medien berichtet wird. Bei entsprechend schweren Gesundheitsschäden kann aber auch in Deutschland ein Anspruch auf mehrere hunderttausend Euro entstehen. Die höchsten in Deutschland erstrittenen Beträge lagen zwischen 600.000 und 700.000 Euro.
 
Der hierfür notwendige Rechtsstreit kann sich über eine Vielzahl von Jahren ziehen. Denn der Nachweis eines Kunstfehlers setzt voraus, dass andere Mediziner zur Auffassung gelangen, dass hier tatsächlich Fehler in der Behandlung vorlagen, die zu den konkreten Gesundheitsschäden geführt haben. Ein solcher Prozess ist daher vor allem von einer Vielzahl von Gutachten und Gegengutachten geprägt. Diese treiben die mit dem Prozess selber verbundenen Kosten weiter in die Höhe. Da es sich um einen Zivilprozess handelt, zahlt am Ende die unterliegende Seite diese Kosten. Dies soll Sie nicht davon abhalten, für Ihre Rechte einzustehen, Ihnen aber klar vor Augen führen, dass eine solche Angelegenheit alles andere als ein Spaziergang ist und ganz sicher kein leichter Weg, um möglichst schnell an viel Geld zu kommen. Vielmehr geht es darum, durch das Aufzeigen von Fehlern die medizinische Versorgung insgesamt stückchenweise weiter zu verbessern.


     
        
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