Meeresspiegel könnte noch in diesem Jahrhundert um mehr als einen Meter ansteigen
90 Wissenschaftler mit gleichem Ergebnis
Werden die globalen Treibhausgasemissionen nicht verringert, könnte der Meeresspiegel bis 2100 um 70-120 Zentimeter ansteigen. Das ist das Ergebnis einer breiten Expertenbefragung zum Meeresspiegel unter 90 Spezialisten. Der Umfrage zufolge erwarten die Experten bei ungebremstem Klimawandel bis 2300 einen mittleren Meeresspiegelanstieg von 200-300 Zentimetern. Im Gegensatz dazu wird der Meeresspiegelanstieg in einem Szenario mit ambitioniertem Klimaschutz bis 2100 auf 40-60 Zentimeter und bis 2300 auf 60-100 Zentimeter geschätzt. Durchgeführt wurde die Befragung von einem Wissenschaftlerteam aus den USA und Deutschland.
"Während die Ergebnisse zeigen, dass der Meeresspiegel mit Klimaschutz langfristig auf einen Meter begrenzt werden könnte, stellt ein Szenario mit unverminderten Emissionen die Zukunft einiger Küstenstädte und tiefliegender Inseln infrage", sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. "Aus einer Perspektive des Risikomanagements sind Projektionen zum Meeresspiegelanstieg etwa für die Planung von Küstenschutz oder für das Abwägen verschiedener Strategien zur Emissionsreduktion von großer Bedeutung."
Projektionen zum Anstieg des Meeresspiegels bergen noch große Unsicherheiten, denn die verursachenden physikalischen Prozesse sind komplex. Dabei geht es etwa um die Ausdehnung der sich erwärmenden Ozeane, das Abschmelzen von Berggletschern, Eiskappen und der zwei großen Eisschilde Grönlands und der Antarktis, sowie das Fördern von Grundwasser zu Bewässerungszwecken. Unterschiedliche Modellansätze führen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der kürzlich veröffentlichte Bericht des IPCC musste seine Projektionen im Vergleich zum letzten Bericht um etwa 60 Prozent nach oben korrigieren, und auch andere von Wissenschaftlergruppen erstellte Studien kamen auf höhere Werte. Der von Satelliten während der letzten beiden Jahrzehnte gemessene Meeresspiegelanstieg hat frühere Erwartungen übertroffen.
"Deshalb ist es nützlich, die Einschätzungen der Meeresspiegel-Experten zu kennen und transparent zu machen", sagt Leitautor Benjamin Horton vom Institut für Meeres- und Küstenforschung der Rutgers University im US-amerikanischen New Jersey. "Wir haben die bislang größte Umfrage zum zukünftigen Meeresspiegelanstieg von neunzig objektiv ausgewählten Experten aus 18 Ländern vorgelegt." Die befragten Wissenschaftler wurden mithilfe der Internet-Datenbank 'Web of Science' von Thomson Reuters anhand wissenschaftlich geprüfter Publikationen seit 2007 identifiziert, um sicher zu gehen, dass nur aktive Forscher dieses Fachgebiets gefragt wurden. Neunzig Meeresspiegel-Experten aus aller Welt gaben ihre Einschätzung zum künftigen Meeresspiegelanstieg, jeder von ihnen hat in den vergangenen fünf Jahren mindestens sechs wissenschaftlich begutachtete Studien zum Thema Meeresspiegel veröffentlicht.
Die Umfrage zeigt, dass die meisten Experten einen höheren Anstieg erwarten als der aktuelle IPCC-Bericht mit 28-98 Zentimetern bis 2100. Zwei Drittel (65%) geben für das obere Ende dieser Spanne einen höheren Wert an als der IPCC und bestätigen damit, dass die Projektionen des IPCC eher konservativ sind.
Die Experten der Befragung lieferten nicht nur eine "wahrscheinliche" Bandbreite zum erwarteten Meeresspiegelanstieg, sondern auch eine Einschätzung der Grenze, die der Meeresspiegelanstieg mit 95-prozentiger Sicherheit bis zum Jahr 2100 nicht überschreiten wird. Diese Obergrenze ist für die Küstenschutzplanung relevant. Bei ungebremsten Emissionen gab die Hälfte der Experten (51%) diese Grenze mit 1,5 Metern oder mehr an, ein Viertel (27%) nannte 2 Meter oder mehr. Für das Jahr 2300 sieht eine Mehrheit der Experten (58%) diese Obergrenze bei 4 Metern oder höher.
Projektionen zum Meeresspiegel sind oft auf den relativ kurzfristigen Zeitraum bis 2100 fokussiert, der Meeresspiegel wird jedoch auch nach diesem Datum noch weiter ansteigen. "Ein Temperaturanstieg durch ungebremste Emissionen setzt Küstenregionen der Gefahr eines langfristigen Meeresspiegelanstiegs um mehrere Meter aus, das verdeutlichen sowohl die Ergebnisse der Umfrage als auch die des IPCC für den Zeitraum bis 2300", sagt Rahmstorf. "Sie belegen jedoch auch die Möglichkeit, einen derart massiven Anstieg des Meeresspiegels durch eine erfolgreiche Reduktion von Treibhausgasemissionen noch zu verhindern."
Artikel: B. P. Horton, S. Rahmstorf, S. E. Engelhart, A.C.Kemp: Expert assessment of sea-level rise by AD 2100 and AD 2300. Quaternary Science Reviews (2013) [doi: 10.1016/j.quascirev.2013.11.002]
Steigende Meerespegel und häufige Springfluten werden in einigen Jahrzehnten zum Alltag gehören, wenn sich der Umgang mit dem Klima nicht ändert. |
Projektionen zum Anstieg des Meeresspiegels bergen noch große Unsicherheiten, denn die verursachenden physikalischen Prozesse sind komplex. Dabei geht es etwa um die Ausdehnung der sich erwärmenden Ozeane, das Abschmelzen von Berggletschern, Eiskappen und der zwei großen Eisschilde Grönlands und der Antarktis, sowie das Fördern von Grundwasser zu Bewässerungszwecken. Unterschiedliche Modellansätze führen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der kürzlich veröffentlichte Bericht des IPCC musste seine Projektionen im Vergleich zum letzten Bericht um etwa 60 Prozent nach oben korrigieren, und auch andere von Wissenschaftlergruppen erstellte Studien kamen auf höhere Werte. Der von Satelliten während der letzten beiden Jahrzehnte gemessene Meeresspiegelanstieg hat frühere Erwartungen übertroffen.
"Deshalb ist es nützlich, die Einschätzungen der Meeresspiegel-Experten zu kennen und transparent zu machen", sagt Leitautor Benjamin Horton vom Institut für Meeres- und Küstenforschung der Rutgers University im US-amerikanischen New Jersey. "Wir haben die bislang größte Umfrage zum zukünftigen Meeresspiegelanstieg von neunzig objektiv ausgewählten Experten aus 18 Ländern vorgelegt." Die befragten Wissenschaftler wurden mithilfe der Internet-Datenbank 'Web of Science' von Thomson Reuters anhand wissenschaftlich geprüfter Publikationen seit 2007 identifiziert, um sicher zu gehen, dass nur aktive Forscher dieses Fachgebiets gefragt wurden. Neunzig Meeresspiegel-Experten aus aller Welt gaben ihre Einschätzung zum künftigen Meeresspiegelanstieg, jeder von ihnen hat in den vergangenen fünf Jahren mindestens sechs wissenschaftlich begutachtete Studien zum Thema Meeresspiegel veröffentlicht.
Die Umfrage zeigt, dass die meisten Experten einen höheren Anstieg erwarten als der aktuelle IPCC-Bericht mit 28-98 Zentimetern bis 2100. Zwei Drittel (65%) geben für das obere Ende dieser Spanne einen höheren Wert an als der IPCC und bestätigen damit, dass die Projektionen des IPCC eher konservativ sind.
Die Experten der Befragung lieferten nicht nur eine "wahrscheinliche" Bandbreite zum erwarteten Meeresspiegelanstieg, sondern auch eine Einschätzung der Grenze, die der Meeresspiegelanstieg mit 95-prozentiger Sicherheit bis zum Jahr 2100 nicht überschreiten wird. Diese Obergrenze ist für die Küstenschutzplanung relevant. Bei ungebremsten Emissionen gab die Hälfte der Experten (51%) diese Grenze mit 1,5 Metern oder mehr an, ein Viertel (27%) nannte 2 Meter oder mehr. Für das Jahr 2300 sieht eine Mehrheit der Experten (58%) diese Obergrenze bei 4 Metern oder höher.
Projektionen zum Meeresspiegel sind oft auf den relativ kurzfristigen Zeitraum bis 2100 fokussiert, der Meeresspiegel wird jedoch auch nach diesem Datum noch weiter ansteigen. "Ein Temperaturanstieg durch ungebremste Emissionen setzt Küstenregionen der Gefahr eines langfristigen Meeresspiegelanstiegs um mehrere Meter aus, das verdeutlichen sowohl die Ergebnisse der Umfrage als auch die des IPCC für den Zeitraum bis 2300", sagt Rahmstorf. "Sie belegen jedoch auch die Möglichkeit, einen derart massiven Anstieg des Meeresspiegels durch eine erfolgreiche Reduktion von Treibhausgasemissionen noch zu verhindern."
Artikel: B. P. Horton, S. Rahmstorf, S. E. Engelhart, A.C.Kemp: Expert assessment of sea-level rise by AD 2100 and AD 2300. Quaternary Science Reviews (2013) [doi: 10.1016/j.quascirev.2013.11.002]
Quelle:
Umwelt | Klima, 25.11.2013
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