Technik | Energie, 01.03.2025

Zeit für Hybrid Kraftwerke

Erneuerbare Energien, kombiniert und mit Netzspeichern optimiert, sind die Zukunft

Hybridkraftwerke sind mehr als nur eine technische Innovation – sie sind der Schlüssel zu einer flexiblen, zuverlässigen Energieversorgung. Indem verschiedene erneuerbare Quellen wie Solar-, Wind- und Wasserkraft mit Batteriespeichern intelligent vernetzt werden, entsteht ein System, das Schwankungen ausgleicht und Nachhaltigkeit neu definiert. So können Hybridkraftwerke die Energiewende von morgen bereits heute möglich machen.
 
Immer mehr erneuerbare Erzeugungsanlagen werden derzeit bei Erzeugungsspitzen abgeregelt, die volkswirtschaftlichen Kosten für diesen Vorgang sind enorm und liegen im Milliardenbereich. Trotzdem brauchen wir noch mehr regenerative Energiequellen um Stromtäler zu vermeiden. Doch fehlende Netzverknüpfungspunkte, also die Schnittstellen, an denen eine Energieanlage (z.B. Solarpark, Windrad) ans öffentliche Stromnetz angeschlossen wird, sind ein bremsendes Element für den Anschluss neuer Anlagen. Und auch die bereits vorhandenen Netzverknüpfungspunkte können beim isolierten Einsatz einer einzelnen Stromerzeugungsquelle aufgrund deren Volatilität nicht optimal ausgenutzt werden. Hybridkraftwerke stellen eine Lösung für diese Herausforderungen dar und stehen derzeit im Fokus von Projektentwicklern. Dabei werden verschiedene Erzeugungstechnologien wie beispielsweise Solar- und Windenergie miteinander kombiniert und nutzen einen Netzverknüpfungspunkt, denn die beiden Energiequellen verhalten sich oft komplementär: Während der Sommermonate wird mehr Strom aus PV produziert, im Winter mehr Windenergie. Auch die Kombination von Solarenergie und Wasserkraft kommt derzeit vermehrt zur Anwendung.
 
Vorteile von Hybridkraftwerken
© ABO Energy
Die Verzahnung einzelner oder mehrerer Erzeugungstechnologien mit Batteriespeichern ermöglicht eine verbrauchsorientierte und netzdienliche Einspeisung des erzeugten Stroms – daher werden diese Anlagen als systemintegrierende Anlagen bezeichnet. Durch die Nutzung eines gemeinsamen Netzanschlusspunktes werden CapEx- und OpEx-Kosten für erneuerbare Erzeugungsanlagen reduziert. Darüber hinaus kann bei Hybridkraftwerken durch die Zusammenfassung zweier Anlagen die Dauer von Genehmigungsverfahren verkürzt werden. Volkswirtschaftlich sinnvoll sind Hybridkraftwerke mit PV und Batteriespeicher außerdem, da sie bereits jetzt niedrigere Kosten für die Bereitstellung von Spitzenlast abbilden als Gaskraftwerke. Die Kombination aus erneuerbarer Erzeugungsquelle plus Batteriespeicher wirkt durch eine netzdienliche Einspeisung von erneuerbarem Strom Netzengpässen sowie der sogenannten „Preiskannibalisierung" entgegen, bei der negative Strompreise durch ein Überangebot an erneuerbar erzeugtem Strom auftreten.
 
„Low hanging fruits": Effizienzgewinne durch Überbauung der Netzverknüpfungspunkte
Laut einer Studie des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) winken enorme Effizienzgewinne, wenn Wind und PV zusammen zur Anwendung kommen, würde man in Deutschland eine Doppelnutzung der Anschlüsse erlauben: Durch die ergänzenden Erzeugungsprofile könnte es zu einer bis zu 53-prozentigen Ausnutzung des Netzverknüpfungspunktes kommen, wenn eine ‚Überbauung‘ um bis zu 250 Prozent ermöglicht würde. Zum Vergleich: Im Schnitt kommt Photovoltaik alleinstehend auf 13 Prozent, Windenergie auf 33 Prozent. Deshalb spricht der BEE von „Low hanging fruits", wenn die gesetzliche Erlaubnis für eine solche Überbauung käme. In Portugal, Spanien und Irland ist dies für Hybridkraftwerke bereits erlaubt. „Überschüsse sind ein Anreiz für den Bau von Speichern und Sektorkopplungstechnologien", so Simone Peter vom BEE. Doch ganz so niedrig hängen die Früchte noch nicht: Die Kombination mehrerer Technologien an einem Standort erfordert größere Flächen und eine komplexere Infrastruktur. Die Komplexität und Neuartigkeit erschwert es, das Vertrauen von Banken, Investoren und Versicherern für diese Art von Projekten zu gewinnen. Auch eine Standardisierung von Prozessen ist wichtig, um Hybridkraftwerke zu fördern.
 
Neue Geschäftsmodelle für Hybridkraftwerke mit Batteriespeichern
Doch der Strom von Hybridkraftwerken mit Batteriespeichersystemen eignet sich für die Vermarktung über verschiedene Geschäftsmodelle wie Einspeisevergütung, Direktvermarktung, Energiearbitrage sowie die Bereitstellung von Regelenergie und Netzstabilitätsdienstleistungen. Letztere machen diese Art von Kraftwerken zu einem Kernelement für Netzstabilität unter Zunahme der erneuerbaren Erzeugungskapazität. Zukünftig werden Hybridkraftwerke mit den entsprechenden, digitalisierten Steuerungskonzepten zwischen den verschiedenen Operationsmodi hin- und herwechseln und somit optimale Ergebnisse bezüglich deren Wirtschaftlichkeit und Netzdienlichkeit erreichen.
 
"Hybridkraftwerke mit Batteriespeicher sind volkswirtschaftlich sinnvoll, da sie bereits jetzt niedrigere Kosten für die Bereitstellung von Spitzenlast abbilden als Gaskraftwerke."

Gesetzeslage in Deutschland
In Deutschland werden Hybridkraftwerke im Rahmen des EEG in den Innovationsausschreibungen mit 9,18 ct pro Kilowattstunde berücksichtigt um diese Anlagen zu fördern. Mit dem Solarpaket I gab es außerdem wichtige Verbesserungen für Hybridanlagen mit Batteriespeichern. Sie dürfen nun mehrmals im Jahr den Operationsmodus zur Speicherung von Netzstrom wechseln, umso rentabler am Markt zu agieren. Als großes Hindernis jedoch gilt, dass in Deutschland immer noch nur so viel Leistung angeschlossen werden darf, wie der Netzverknüpfungspunkt aufnehmen kann. Und auf EU-Ebene fehlt eine regulatorische Basis für die Prozessoptimierung in den Mitgliedsstaaten. Und trotzdem ist der Boom mit Hybridkraftwerken im Kommen.
 
Hybridkraftwerksprojekte in Europa
Europas größtes Hybridkraftwerk wird derzeit vom spanischen Energieerzeuger Endesa im portugiesischen Pego in der Provinz Santarém gebaut. Geplant ist die Kombination aus einer 365 Megawatt (MW) PV-Anlage, einem Windpark mit 264 MW sowie einem 168 MW Batteriespeicher. Zusätzlich dazu wird noch ein 500 Kilowatt (kW)-Elektrolyseur für Überschüsse, die der Batteriespeicher nicht aufnehmen kann, zur Produktion von grünem Wasserstoff installiert.

Der spanische Energiekonzern Iberdrola baut derzeit ein Hybridkraftwerk, welches PV mit Wasserkraft kombiniert. In Cedillo in der spanischen Provinz Cáceres werden 160.000 PV-Module verbaut, die Anlage wird nach Fertigstellung eine Gesamtleistung von 86 MW erbringen.
 
In Tenevo, Bulgarien, baut der bulgarische Projektentwickler Eura Energy derzeit eine Hybridanlage mit 238 MW PV, 250 MW Windkraft sowie einem Batteriespeicher mit einer Kapazität von 500 Megawattstunden (MWh).

Die Projekte in Portugal, Spanien und Bulgarien zeigen eindrucksvoll, dass Hybridkraftwerke bereits Realität sind und erfolgreich umgesetzt werden können. Auch Deutschland sollte endlich die entsprechenden Weichen stellen, um mit diesem leistungsstarken Instrument die Energiewende weiter voranzutreiben und eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. 
 
Ein Beitrag von Fritz Lietsch und Hermann Anzinger

Dieser Artikel ist in forum 02/2025 - Save the Ocean erschienen.



     
        
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