Zehn Gebote für das Klima
Der aktuelle Kommentar von Franz Alt
Die zehn Gebote haben im Christentum und Judentum eine fundamentale
Bedeutung für die theologische Ethik. Franz Alt hat hier zehn Gebote für
eine ökologische Ethik formuliert. Es sind eher Angebote als Verbote:
- Bis 2035 spätestens sollten die Treibhausgas-Emissionen global auf
null zurückgefahren werden. Die effektivste Art, das Klima zu schützen,
ist der rasche Ausstieg aus der Kohlekraft. Die Slowakei will bis 2030
aus der Kohle aussteigen, Griechenland bis 2028 und das klassische
Kohleland England bereits 2025. Warum Deutschland erst 2038?
- Alles was neu gebaut wird, sollte emissionsfrei sein. Zum
Beispiel durch mehr Holzbauten. Aluminium als Baustoff ist 128mal so
klimabelastend wie Holz. Immer mehr Europäer bauen schon heute mit Holz.
- Ab sofort sollte der Bau von Kraftwerken nur dann
zugelassen werden, wenn diese Erneuerbare Energien nutzen. Die heutigen
Milliarden-Subventionen für Treibhaus-Dreckschleudern streichen.
- Ab 2035 dürfen nur noch E-Autos neu zugelassen werden oder
Autos mit anderen CO2-freien Motoren. Dass das geht, hat Kalifornien
schon in den 90-igern bewiesen, indem es Quoten für E-Autos einführte.
China, der größte Automarkt der Welt, führte solche Quoten ab 2019 ein.
Heute fahren 90 Prozent aller neu gekauften Autos in China elektrisch.
Diesem Beispiel sollten alle anderen Länder folgen. In Kalifornien sind
Verbrennungsmotoren ab 2035 verboten.
- Wir müssen den öffentlichen Verkehr stark ausbauen. Mehr
Skype-Konferenzen statt persönlicher Treffen. Mehr Home-office. Und wir
dürfen weniger Fläche für Häuser, Straßen und Industrie zubauen, sondern
höher bauen und intelligenter verdichten. Ökologisch bauen heißt, nicht
neu bauen, sondern primär sanieren und renovieren. Neue
Industrieanlagen sollten ab 2025 frei von CO2-Emissionen sein. Ein
Zeitplan, ab wann nur noch emissionsfreie Technologien verkauft werden
dürfen, wird global die notwendigen Innovationen antreiben.
- Etwa 25% der jährlichen Treibhausgas-Emissionen sind auf
die Produktion von Lebensmitteln zurückzuführen - besonders auf
Fleischprodukte. Haben Sie bisher bedacht, dass die Produktion einer
Rindfleischsuppe zehnmal so viele Treibhausgase erzeugt wie eine
Gemüsesuppe? Schmeckt die Fleischsuppe wirklich zehnmal so gut wie eine
Gemüsesuppe? Deshalb sollten alle die Regeln der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung (DGE) beachten. Diese schlagen vor, den Fleischkonsum
zunächst zu halbieren und dann zu dritteln. Dies hilft auch, Übergewicht
und Bluthochdruck vorzubeugen, verlangsamt den Klimawandel und senkt
die Stickstoffbelastung des Grundwassers. Der Klimawandel muss auch als
medizinischer Notfall verstanden werden. Der Zusammenhang zwischen der
Klimakrise und unserer Gesundheit ist bisher viel zu wenig beachtet
worden. Die Klimaerhitzung ist die größte Bedrohung unserer Gesundheit
im 21. Jahrhundert, sagt der Weltärztebund. Und Feinstäube erhöhen das
Risiko für Asthma, Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes. Die Art wie
wir Menschen heute essen, macht uns krank. Ernährungsbedingte
Krankheiten sind heute eine der führenden Todesursachen.
Neben acht Milliarden Menschen leben heute auf unserem Planeten 280 Millionen Schweine, 1.6 Milliarden Rinder und 33 Milliarden Hühner. Und dieses Missverhältnis wird täglich größer. In Deutschland wird mehr als die Hälfte der Getreideernte an Tiere verfüttert. Weltweit dient 70 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Fleischproduktion. Das "rote Fleisch" der Rinder, Lämmer und Schweine ist besonders gesundheitsgefährdend, weil krebserregend.
Fachleute sind sich einig: Es gibt nur einen Ausweg aus diesem Gesundheits- und Öko-Dilemma: Weniger Fleisch essen!
- Wir müssen weltweit aufforsten und die Wüsten begrünen wie
es die Kinder- und Jugendorganisation "Plant for the Planet" seit vielen
Jahren vorbildlich tut. Sie haben bereits 14 Milliarden Bäume
gepflanzt. Ihr Ziel sind 1.000 Milliarden Bäume. Junge Bäumchen helfen
nicht von heute auf morgen. Aber wenigstens keimt etwas. Das arme
Pakistan hat angekündigt, bis 2030 zehn Milliarden Bäume zu pflanzen.
Das bettelarme Äthiopien hält den Weltrekord beim Bäume pflanzen: Im
Juli 2019 innerhalb von 12 Stunden über 350 Millionen junge
Baumsetzlinge! Wie wäre es, wenn Papst und Bischöfe und alle
Religionsführer ihre Anhänger dazu aufriefen, in der ganzen Welt Bäume
zu pflanzen? Am Tag, an den ich diese Zeilen schreibe, beschließt die
Stadt Rom, hunderttausend Bäume zu pflanzen.
- Wir sollten nur noch Politiker wählen, die auch wirklich
unsere Interessen vertreten und nicht die Interessen der alten
fossil-atomaren Energiewirtschaft oder der fossilen Autowirtschaft.
Demo-kratie statt Auto-kratie und: Sonne und Wind statt Atom und Kohle.
- Solare Entwicklung in armen Ländern ist die beste Vorsorge
gegen ungebremstes Bevölkerungswachstum, für die Überwindung der Armut
und für Klimaschutz. Die reichen Länder sollten dafür Geld zur Verfügung
stellen, denn sie haben den Klimawandel verursacht. Klimagerechtigkeit
ist ein Menschenrecht.
- Wir alle können weniger kaufen und wegwerfen, mehr Fahrrad fahren und laufen, grüner feiern, zu Ökostrom wechseln, Geld grün und fair anlegen. Wir sollten endlich tun, was wir für richtig halten. Einfacher leben, damit andere überleben können. Mehr denken und Widerstand leisten gegen Dummheit und Kurzsichtigkeit. Wir können uns selber vom Überfluss befreien. Das fördert die solare Weltrevolution. Das Solarzeitalter beginnt und die Sonne gewinnt.
Diese Gebote zu realisieren, erfordert eine große Anstrengung. Aber
am Ende haben wir eine lebenswertere und bessere Welt für Alle. Die
Frucht von Klimagerechtigkeit ist der Frieden.
Franz Alt ist Journalist und Bestseller-Autor. Zusammen mit Michail Gorbatschow veröffentlichte er das Buch „Nie wieder Krieg – Kommt endlich zur Vernunft" . Zusammen mit dem Dalai Lama schrieb er: „Ethik ist wichtiger als Religion" und „Schützt unser Klima". Im Buch „Jesus – Liebe und Frieden sind möglich" führt er ein fiktives Interview mit Jesus über die Bergpredigt. Alle Bücher im Benevento-Verlag. Sein neues Buch ist im Herder-Verlag soeben erschienen: „Frieden ist noch immer möglich – Die Kraft der Bergpredigt".
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