Lieferkettengesetz
Das müssen öffentliche Arbeitgeber jetzt beachten
Markus Bojack ist Geschäftsführer der CM-ACTIVE GmbH © CM-ACTIVE GmbH
Und plötzlich ist es wieder in aller Munde: Die auf europäischer Ebene geplante weitere Verschärfung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz „Lieferkettengesetz" oder „LKSG") liegt erst einmal auf Eis. Grund war die nicht zuletzt auch in Teilen der Bundesregierung geäußerte Sorge vor noch mehr Bürokratie aus Brüssel. Städten, Gemeinden und öffentlichen Einrichtungen könnte diese Verschnaufpause gut tun, denn einige von ihnen haben noch alle Hände voll damit zu tun, die Gesetzeslage zu verarbeiten, die seit Jahresbeginn 2024 gilt.
Und die besagt: Arbeitgeber mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen mögliche Verstöße gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltstandards entlang ihrer Lieferketten genau prüfen. Auch Städte und Gemeinden trifft diese Regelung, gleiches gilt für öffentliche Einrichtungen wie Kliniken, Hochschulen oder Stadtwerke, wenn sie denn eine Belegschaft haben, die über der 1.000er-Schwelle liegt. Dies bedeutet für sie einen Anpassungsbedarf in Bereichen wie Compliance, Einkauf und Vertragsgestaltung, um alle Sorgfaltspflichten effektiv umzusetzen.
Lieferkettengesetz: Darum geht es
Das Lieferkettengesetz definiert klare Erwartungen an die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutzstandards, nicht nur innerhalb der eigenen Geschäftsbereiche, sondern auch bei direkten Zulieferern, sei es nun der IT-Dienstleister, das Reinigungsunternehmen oder der Hersteller von Berufskleidung.
Die Einhaltung dieser Vorgaben wird durch verschiedene Maßnahmen sichergestellt. Zu den wichtigsten zählen dabei:
- Risikoanalysen
- Zertifizierungen, die einen Fokus auf Menschenrechte und Umweltstandards haben (z. B. Sedex/SMETA, BSCI, Grüner Knopf, WRAP, ISO 14001, 14064, 50001).
- Die Verabschiedung von Grundsatzerklärungen zur Menschenrechtsstrategie im Betrieb.
- Die Implementierung von Beschwerdemechanismen.
- Ein Reporting über die ergriffenen Maßnahmen.
Die Einhaltung des Lieferkettengesetzes wird von staatlicher Seite durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überwacht und durchgesetzt. Dies umfasst bei aufgedeckten Verstößen auch die Möglichkeit zur Verhängung von Bußgeldern und den Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.
Das LKSG markiert somit einen wichtigen Schritt hin zu mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in globalen Lieferketten. Gleichzeitig sind Implementierung und Umsetzung entsprechender Maßnahmen mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden – der manche Arbeitgeber bisher dazu verleitet hat, das Thema erst einmal in die Schublade zu legen.
So bewältigen Städte, Gemeinden und öffentliche Betriebe die Herausforderungen
Öffentliche Arbeitgeber, die noch offene Aufgaben auf der ToDo-Liste haben, sollten jetzt schnell in die Umsetzung kommen, um im Konfliktfall Strafen oder einem Imageverlust zu entgehen.
Diese Schritte sollten Städte, Gemeinden und Betriebe gehen, um dem Lieferkettengesetz erfolgreich zu begegnen:
- Schritt 1: Die erste Aufgabe ist es fast immer, Ressourcen und Kapazitäten für die Implementierung der gesetzlichen Anforderungen bereitzustellen. Dies kann im Rahmen einer gesonderten „Task Force" oder in gemeinsamen Arbeitsgruppen (beispielsweise von Einkauf und Qualitätsmanagement) stattfinden. Die Beauftragung spezialisierter externer Berater kann an dieser Stelle sinnvoll sein, um Personalressourcen zu schonen.
- Schritt 2: Der nächste Schritt ist eine detaillierte Analyse, wo sich im eigenen Geschäftsbereich Berührungspunkte zu den LKSG-Vorschriften ergeben – und wo das bei Lieferanten der Fall ist. Typische Handlungsfelder ergeben sich beispielsweise aus allen betrieblichen Tätigkeiten, die CO2-Emissionen erzeugen, etwa Stromversorgung, Heizung und Fuhrpark.
- Schritt 3: Die Entwicklung klar definierter Richtlinien und Standards, um einheitliche Handlungsanweisungen für alle Beteiligten sicherzustellen. Dazu zählt auch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den Anforderungen und zur Bedeutung des LKSG zu schulen und zu sensibilisieren.
- Schritt 4: Die gründliche Analyse der Lieferkette bei allen direkten Lieferanten. Hierbei sollte gerade bei einseitigen Abhängigkeiten von großen Lieferanten eine betriebswirtschaftliche Risikoanalyse stattfinden, die auch das Szenario eines Anbieterwechsels mit einbezieht.
- Schritt 5: Die enge Zusammenarbeit und Kommunikation mit entsprechenden Lieferanten, um sicherzustellen, dass auch sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um dem Lieferkettengesetz gerecht zu werden.
- Schritt 6: Kontrollmechanismen einführen, um die Einhaltung der Richtlinien und Standards zu überwachen und zu überprüfen. Dazu zählt auch ein effektives Risikomanagement inklusive geeigneter frühzeitiger Maßnahmen zur Risikominimierung. Dies kann mit der Implementierung einer hausinternen Beschwerdestelle einher gehen, bei der auch Verstöße gegen das Lieferkettengesetz gemeldet werden. Näheres dazu regelt das ebenfalls vor Kurzem novellierte Hinweisgeberschutzgesetz.
- Schritt 7: Die Bereitstellung von transparenten Informationen über die Bemühungen zur Einhaltung des LKSG und die regelmäßige Berichterstattung darüber sind wesentliche Bestandteile der Compliance und helfen dabei, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken.
Empfehlenswert ist darüber hinaus die Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Einrichtungen, Verbänden oder Institutionen der Zivilgesellschaft zu suchen, um die Wirksamkeit der eingeführten Maßnahmen zu verbessern und Erfahrungen auszutauschen.
Kommunen und öffentliche Einrichtungen sollten jetzt alle notwendigen Schritte veranlassen, um den neuen Regelungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gerecht zu werden. Wer sich hier geschickt positioniert, kann den achtsamen Umgang mit den Themen Umwelt und Menschenrechte – ganz nach dem Vorbild der „Fair Trade Städte" – sogar als wichtigen Faktor für das Standortmarketing nutzen.
Über den Autor:
Markus Bojack ist Geschäftsführer der CM-ACTIVE GmbH. Das Unternehmen ist spezialisiert auf das Sach- und Dienstleistungskostenmanagement. Markus Bojack begleitet Unternehmen und öffentliche Institutionen bei der Umsetzung von Maßnahmen rund um das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
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