Rupert freut sich auf die Sommerferien…

Der aktuelle Kommentar von Markus Gohr zum Urteil über Ex-AUDI-CEO Rupert Stadler

Lange hat er auf diesen Tag warten müssen, aus seiner Sicht wohl zu lange. Doch seit vergangener Woche steht fest: Rupert Stadler kann sich auf die Sommerferien freuen. Nach zwei Jahren Prozessdauer hat das Landgericht München einen Schlusspunkt unter den Dieselbetrugsprozess gegen den früheren AUDI-Chef gesetzt. Ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung sowie eine Zahlung von 1,1 Millionen – das Ergebnis aus einem Deal der besonderen Art und einer Komödie.
 
Hat sich elegant aus der Verantwortung gezogen: Ex-Audi-Chef Rupert Stadler. © Alexander MiglMan muss schon genau hinschauen, welcher Handel da zu welchen Konditionen abgeschlossen wurde. Nachdem Stadler 18 Monate lang jede Mitwisserschaft abgestritten hatte, war die Beweislage zunehmend erdrückend und seine Situation prekär geworden. Deutlichere Worte von ihm hätten offensichtlich gemacht, dass er die vergangenen zwei Jahre gelogen hat, als er seine Unschuld beteuerte. Wäre er bei seinem bisherigen Standpunkt geblieben, wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit im Gefängnis gelandet.
 
"Nicht gewusst, aber als möglich erachtet"
Also ließ er seine Anwältin eine entsprechende Erklärung verlesen: … dass es ihm nicht gelungen sei, "die Diesel-Krise im Konzern zu lösen", dass er "ein Mehr an erforderlicher Sorgfalt" hätte zeigen müssen, dass er "nicht gewusst, aber als möglich erachtet und insofern billigend in Kauf genommen habe"…, dass schmutzige Diesel jahrelang als saubere Autos verkauft wurden. O sancta justitia!

Der Staatsanwalt fand da klarere Worte und nannte es eine "massive Umweltsauerei", was über Jahre bei Audi passierte. Letztlich passt es dann auch ins Bild, dass Stadler trotz des Deals letzte Woche Revision gegen das Urteil zum Bundesgerichtshof einlegen ließ. Wohl aus taktischen Gründen, um nicht in anderen Prozessen als Zeuge aussagen zu müssen.
 
Und die 1,1 Millionen Euro Strafe? Das wäre sicher sehr viel Geld für einen normalen AUDI-Kunden. Aber lächerlich für Konzernchefs, die zuvor mit betrügerischer Intention Millionen gescheffelt haben. Rupert Stadler hatte vor seinem Aus bei AUDI ein Jahresgehalt von 7,7 Millionen Euro. Man zahlt also 1,1 Millionen und geht dafür nicht mehr ins Gefängnis. Das rechnet sich und gibt es sonst nur bei Monopoly. Bei solchen Deals zeigt das deutsche Rechtssystem an falscher Stelle keine Zähne. 
 
Die Wirtschaftsavantgarde…
CEOs wie Rupert Stadler sollen und wollen wirtschaftliche Avantgarde sein, geradlinig, immer ihrer Zeit voraus, unfassbar erfolgreich und mit klarer Kante. "Masters of the Universe" nannte Tom Wolfe sie im Fegefeuer der Eitelkeiten.

Der AUDI-Chef aus Titting im Altmühltal gehörte über ein Jahrzehnt zu diesen von Ruhm umrankten Lichtgestalten und bewunderten Wolkenschiebern im globalen Auto-Business. Was er hingegen zuletzt im Gerichtssaal ablieferte, war beschämend und, mit Verlaub, feige. Gary Cooper hätte sich gewiss nicht mit ihm duelliert. Nicht aus Angst um sein Leben, sondern aus Sorge um seinen guten Ruf, wenn er gegen einen solchen Coward angetreten wäre.
 
… als Vorbild für die Jugend?
Markus Gohr. © privatRupert Stadler ist Jahrgang 1960, damit auch von Eltern einer Generation erzogen, für die Werte und Haltung über alles gingen. "Du wirst in deinem Leben auch Fehler machen", gab mir mein Vater mit auf den Weg, "das Entscheidende ist dann, offen und ehrlich die Verantwortung dafür zu übernehmen. Das verschafft Respekt und Achtung – auch und vor allem gegenüber Dir selbst". Väter und Mütter können noch immer Vorbilder, Weichensteller und Richtungsweiser für ihre Nachkommen sein. Als Maß und Kompass für Anstand und Aufrichtigkeit und Vermittler eines guten Wertefundaments. Den Kindern von Rupert Stadler wäre das auch zu wünschen gewesen.

Markus Gohr ist Familienvater, Jurist, Mitgründer der Umweltorganisation Protect the Planet und Vorstand der Dorothea-Laura-Janina Sick-Umweltstiftung.

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Gesellschaft | Politik, 10.07.2023
     
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