Oxfam-Bericht zur sozialen Ungleichheit
Vermögenszuwachs: Reichstes Prozent kassiert fast doppelt so viel wie Rest der Welt zusammen
- Konzerne und Superreiche profitieren von den Krisen, während Armut und Hunger rasant steigen
- Oxfam: Hohe Steuern auf Übergewinne und Vermögen deshalb unerlässlich

Der Bericht zeigt:
- Seit 2020 gingen 26 Billionen US-Dollar (63 Prozent) der gesamten Vermögenszuwächse in Höhe von 42 Billionen US-Dollar an das reichste Prozent der Weltbevölkerung, während 99 Prozent sich den Rest teilen.
- In Deutschland sahnen die Reichsten besonders ab: Oxfam hat berechnet, dass von dem gesamten Vermögenszuwachs, der zwischen 2020 und 2021 in Deutschland erwirtschaftet wurde, 81 Prozent an das reichste Prozent gingen, während die restlichen 99 Prozent der Bevölkerung nur 19 Prozent des Vermögenszuwachses erhielten.
- Die Milliardär*innen dieser Welt haben ihren Reichtum in den Jahren der Pandemie- und Lebenshaltungskostenkrise deutlich gesteigert. Für jeden seit 2020 durchschnittlich pro Kopf erzielten US-Dollar an Vermögenszuwachs in den ärmeren 90 Prozent der Weltbevölkerung, hat ein*e Milliardär*in durchschnittlich 1,7 Millionen US-Dollar hinzugewonnen. Das Gesamtvermögen aller Milliardär*innen ist im Durchschnitt täglich um 2,7 Milliarden US-Dollar gestiegen.
- Der Reichtum der Milliardär*innen ist im Jahr 2022 auch durch den rasanten Anstieg der Gewinne im Lebensmittel- und Energiebereich sprunghaft angestiegen. Der Bericht zeigt, dass 95 Lebensmittel- und Energiekonzerne ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt haben. Sie erzielten 306 Milliarden US-Dollar an Übergewinnen und schütteten 257 Milliarden US-Dollar (84 Prozent) davon an Aktionär*innen aus.
- Gleichzeitig leben heute mindestens 1,7 Milliarden Arbeitnehmer*innen in Ländern, in denen die Inflation die Lohnentwicklung übersteigt, und rund 828 Millionen Menschen – also etwa jeder zehnte Mensch auf der Erde – hungern. Frauen und Mädchen machen fast 60 Prozent der hungernden Weltbevölkerung aus. Nach Angaben der Weltbank erleben wir die wohl größte Zunahme der weltweiten Ungleichheit und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg.
- Die einkommensschwächsten Länder geben inzwischen viermal mehr für die Rückzahlung von Schulden aus als für die Gesundheitsversorgung. Drei Viertel der Regierungen der Welt planen, ihre Ausgaben im öffentlichen Sektor, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen, zu kürzen – um insgesamt 7,8 Billionen US-Dollar in den nächsten fünf Jahren.
- Weltweit stammen nur noch vier Prozent der Steuereinnahmen aus Steuern auf Vermögen. In den letzten vierzig Jahren haben die Regierungen rund um den Globus die Steuersätze auf Vermögen und Einkommen der Reichsten gesenkt. Gleichzeitig haben sie die Steuern auf Waren und Dienstleistungen wie z.B. Mehrwertsteuern erhöht, was die Ärmsten unverhältnismäßig stark belastet und die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern noch verschärft.
Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland, kommentiert: "Während Millionen Menschen nicht wissen, wie sie Lebensmittel und Energie bezahlen sollen, bringen die Krisen unserer Zeit gigantische Vermögenszuwächse für Milliardär*innen. Jahrzehntelange Steuersenkungen für die Reichsten und Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit haben die Ungleichheit verschärft und dazu geführt, dass die Ärmsten in vielen Ländern höhere Steuersätze zahlen als Milliardär*innen. Unser Bericht zeigt erneut: Dass von Steuersenkung für die Reichsten alle profitieren, ist ein Mythos. Konzerne und ihre superreichen Haupteigentümer*innen müssen endlich ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten."
Wege aus der Ungleichheit
Oxfam fordert von der Bundesregierung eine systematische und weitreichende Besteuerung von Krisengewinnen und eine höhere Besteuerung reicher Menschen, um mit den Einnahmen Armut und Ungleichheit weltweit zu bekämpfen:
- Durch eine Übergewinnsteuer exzessive Krisengewinne von Konzernen abschöpfen:
Die sich aus der derzeitigen Krisenlage ergebenden Übergewinne vieler Konzerne müssen mit hohen Steuersätzen von mindestens 50 Prozent besteuert werden. Die bisherigen Planungen für eine Abgabe auf Zufallsgewinne greifen zu kurz.
- Mit einer Vermögenssteuer reiche Bevölkerung in die Verantwortung nehmen:
Die Vermögenssteuer muss wieder eingeführt werden und es braucht angesichts der aktuellen Krisensituation eine einmalige Abgabe auf sehr hohe Vermögen. In Deutschland wird Vermögen im internationalen Vergleich bislang unterdurchschnittlich besteuert.
- In Bildung, Gesundheit, soziale Sicherung und Geschlechtergerechtigkeit investieren:
Es gilt mehr Mittel in den Ausbau von Bildungs-, Gesundheits- und sozialen Sicherungssystemen und die Stärkung von Frauenrechten zu investieren. In der Entwicklungszusammenarbeit müssen die entsprechenden Mittel erhöht werden.
Gesellschaft | Politik, 19.01.2023

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