"In der Verknüpfung beider Themen entsteht Innovation, die begeistert"
Fünf Jahre nachhaltig.digital
In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und B.A.U.M. mit ihrem gemeinsamen Projekt nachhaltig.digital in die Debatte um Digitalisierung und Nachhaltigkeit eingebracht und dabei vor allem den Mittelstand in den Blick genommen. Wir sprachen mit DBU-Generalsekretär Alexander Bonde und der B.A.U.M.-Vorsitzenden Yvonne Zwick über Projekterfolge und die Chancen für Unternehmen.
Herr Bonde, was ist Ihr Fazit (fast) am Ende des Gemeinschaftsprojekts von B.A.U.M. und DBU? Was wurde in fünf Jahren nachhaltig.digital erreicht??
Alexander Bonde: Als das Projekt startete, wurden wir von beiden Communities etwas belächelt. Für viele war nicht klar, wieso wir hier die beiden Themen zusammen denken wollen. Das hat sich geändert! Das Thema nachhaltige Digitalisierung rückt immer stärker in den Fokus auch kleinerer und mittlerer Unternehmen – das Projekt hat dafür einen wichtigen Beitrag geleistet. Es ist ein Ort der Vernetzung und Inspiration geworden, die rund 100 Good Practices und über 120 kooperierenden Unternehmen haben hier ein gutes Fundament gelegt. Unternehmen erkennen zusehends einen Mehrwert darin, Ökologie, Soziales und Ökonomie gemeinsam zu denken. nachhaltig.digital bietet damit einen guten Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten, die B.A.U.M. e.V. und die DBU auch nach Ende des Projektes verfolgen werden.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Projekterfolge, Frau Zwick?
Yvonne Zwick: nachhaltig.digital hat als erste Kompetenzplattform für Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Mittelstand mit vielen Veranstaltungen und der digitalen Kommunikation extrem viel Vernetzung geschaffen. Über 100 Veranstaltungen, die nachhaltig.digital organisierte und bei denen nachhaltig.digital aktiv beteiligt war, boten Mittelstand und Wissenschaft Information und Inspiration. Highlights waren sicher die erfolgreiche Zusammenarbeit mit DiV (Deutschland intelligent vernetzt, die Vor-Konferenz zum Digitalgipfel der Bundesregierung, Anm. der Redaktion) und mit der Charta digitale Vernetzung. Der Blog mit mehr als 230 Einträgen ist gespickt mit Good-Practice-Beispielen, Gastbeiträgen und informativen redaktionellen Beiträgen und ist ein reicher Fundus an Wissen. Auf der Landkarte sind über 120 Unternehmens-Steckbriefe mit Geschichten des Gelingens. Das nachhaltig.digital-Team hat 15 „Bausteine" entwickelt, die mit vielen konkreten Lösungsbeispielen und Stimmen von Expert:innen Mut machen für Veränderungen, bei denen Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Darüber hinaus gibt es 12 Podcast-Folgen von „Die Wissensdusche" zusammen mit spenoki.
Zweimal hat das Team von nachhaltig.digital einen „Monitor" herausgegeben, der den Status quo zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Mittelstand beschreibt. Was hat sich im Mittelstand in den letzten Jahren verändert? Und welche Rolle spielte die Pandemie?
AB: Das Bewusstsein für die Relevanz der Themen ist stärker geworden. In 2020 hatten wenige KMU die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammen betrachtet, in 2021 hingegen bereits 69 Prozent aller mittelgroßen Unternehmen. Ein genauerer Blick in die Daten zeigt aber auch: Es fehlt – neben Infrastruktur und finanziellen Aspekten – an Inspiration, Praxisbeispielen und Vernetzung zu anderen Akteuren. Genau hier hat nachhaltig.digital ein tolles Angebot entwickelt!
Die Monitore zeigen auch: Viele Chancen werden häufig nicht ergriffen, weil sie schlichtweg nicht bekannt sind. Hier wollen wir als Stiftung mit unseren Partnern aktiv werden. Den Nutzen nachhaltiger und digitaler Lösungsansätze gilt es in die Breite zu tragen. In der Pandemie haben wir beobachtet, dass Unternehmen oftmals nur das Notwendige in den digitalen Raum verlagert haben – z. B. Meetings oder Schulungen. Das bleibt hinter dem vollen Potenzial der digitalen Transformation weit zurück. Es bleibt auch noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten: Denn Nachhaltigkeit ist laut der Monitore bei der digitalen Transformation für über die Hälfte der Unternehmen kaum relevant bis völlig irrelevant. Angesichts der gewaltigen anstehenden Aufgaben muss sich das dringend ändern!
nachhaltig.digital Monitor 2021
Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind die beiden treibenden Themen unserer Zeit und können – zusammen gedacht – ökologische, soziale und ökonomische Vorteile für Unternehmen schaffen. Beispielsweise kann eine effizientere Steuerung von Energieflüssen den Energiebedarf senken, was ökologisch und ökonomisch gesehen vorteilhaft ist. Doch wo verortet sich der Mittelstand, wo liegen Chancen und Herausforderungen? Der nachhaltig.digital Monitor 2021 knüpft an den bereits 2020 veröffentlichten Monitor an und zeigt, wie sich der Mittelstand entwickelt hat.
Hier finden Sie den Monitor zum Download: nachhaltig.digital/blog/1761
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Deckt sich das mit Ihren Eindrücken aus Gesprächen mit B.A.U.M.-Mitgliedern?
YZ: Unbedingt. Was im Großen empirisch erarbeitet wurde, bestätigt sich kleinempirisch. Die Komplexität von Digitalisierung und Nachhaltigkeit jeweils allein betrachtet ist schon anspruchsvoll. Jedoch: In der Verknüpfung beider Themen entsteht Innovation, die begeistert. Es wäre also falsch, sich erst um das eine, dann das andere Gestaltungsfeld zu kümmern. Auch hinsichtlich der Klimawirkung und Ressourceneffizienz entfalten Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsstrategien erst in der Verknüpfung volle Wirksamkeit. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Bis zu 46 Prozent der notwendigen CO2e-Einsparungen kann eine starke nachhaltige Digitalisierung von Industrieprozessen unter Nutzung des aktuellen Stands der Technik zum Erreichen der deutschen Klimaziele beitragen. Unternehmerisch klug ist, wer dieses Potenzial hebt, denn es senkt Kosten, Risiken und steigert die Prosperität – auf einzelunternehmerischer und gesellschaftlicher Ebene.
Wo sehen Sie in den nächsten Jahren im Themenfeld Digitalisierung und Nachhaltigkeit die größten Chancen und Herausforderungen für Unternehmen? Wie können die DBU und B.A.U.M. hier unterstützen?
AB: Der nachhaltige digitale Wandel ist für uns einer der Megatrends der nächsten Jahre: Angesichts von Klima- und Biodiversitätskrise müssen wir schnell und entschieden handeln beim Umbau unserer Wirtschaft. Die Digitalisierung kann hier ein mächtiges Werkzeug sein, beispielsweise bei der Umsetzung einer Circular Economy: Digitalisierung fungiert als Weichenstellerin für eine ressourcenschonendere Wirtschaftsweise. Wir werden auch weiterhin mitwirken: Über unsere Projektförderung und unser Förderprogramm für Green Start-ups unterstützen wir innovative Geschäftsmodelle und Lösungen. Aber nicht vergessen: Digitalisierung ist kein Selbstzweck! Wir brauchen eine digitale Transformation mit Augenmaß – für eine nachhaltige Wirtschaft und einen lebenswerten Planeten.
YZ: Das kann ich nur unterstützen und ergänze gerne die Perspektive der Nachwuchskräfte: Die größten Chancen liegen in ihrer zukunftsgerichteten Ausbildung, die ein Wirtschaften für eine lebenswerte Zukunft in den Fokus stellt – eine konkrete Erkenntnis aus dem Monitor 2021. Daneben steht gleichberechtigt die lebenslange Weiterbildung und Qualifizierung von Mitarbeitenden. Nachhaltigkeit und Digitalisierung müssen in die verschiedensten Funktionen der Unternehmen einfließen können, denn beides sind Schnittstellenthemen, die alle Bereiche berühren. Wir ermöglichen auch zukünftig Vernetzung, Wissensaustausch und Zusammenarbeit mit der neuen digitalen Plattform (vgl. Artikel "Starkes Netzwerk mit neuer, digitaler Netzwerkstruktur"). Wir zeigen, wie erfolgreiches, nachhaltig-effizienteres Wirtschaften gelingt. Aus der Praxis für die Praxis. Wir schaffen Verbindungen, denn gemeinsam geht‘s besser!
Haben Sie beide vielen Dank für das Gespräch!
Quelle: B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 15.08.2022
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