Die Zukunft: klimaneutral
Sonne und Holzhackschnitzel heizen die Wohnzimmer der Bürgerinnen und Bürger in Gimbweiler. Ein innovatives Nahwärmenetz macht es möglich.
Ganz Deutschland stöhnt unter dem Joch explodierender Energiepreise. Ganz Deutschland? Nein! Die Bürgerinnen und Bürger von Gimbweiler, einem rheinland-pfälzischen Dörfchen an der Grenze zum Saarland, können sich entspannt zurücklehnen. Zumindest diejenigen, deren Wohnhäuser am örtlichen Nahwärmeversorgungsnetz hängen. Denn das wird zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben. Für die Gemeinde war die Inbetriebnahme des Leuchtturmprojekts im September 2021 ein mutiger Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit und Klimaschutz zugleich, auch wenn auf dem Weg nicht immer alles glatt lief.
Weltweites Interesse

Dabei hatte sich Gimbweiler, Teil der Masterplankommune Verbandsgemeinde Birkenfeld, bereits zur Jahrtausendwende mit der energetischen Sanierung des lokalen Vereinsheims auf den Weg zu seiner ganz eigenen Energiewende gemacht. Seit 2010 kamen unter anderem vier Windkraftanlagen mit zehn Megawatt und eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 1,3 Megawatt auf Gemeindeflächen hinzu. Zudem hat die Gemeinde frühzeitig seine gesamte Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt.
Innovatives Konzept
Den Grundstein für den nächsten Schritt in der kommunalen Energiewende legten die Gimbweiler dann 2015. Ein „Energieteam" um Martin Samson hatte sich das Ziel gesetzt, ein Bioenergiedorf zu gestalten, das seine Heizenergie für Raumwärme und Warmwasser komplett aus „Erneuerbaren" bezieht. Mit fachlicher Unterstützung des Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Umwelt-Campus der Hochschule Birkenfeld entwickelte die Gemeinde ein innovatives Konzept für eine bioenergetische Nahwärmeversorgung mit einer solarthermischen Freiflächenanlage und einer zugehörigen Photovoltaik-Anlage zur Eigenstromversorgung der Heizzentrale. Als die Verbandsgemeinde Birkenfeld im Juli 2016 vom Bundesumweltministerium (BMUB) im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative in die Reihe der bundesweit 41 Masterplan-Kommunen aufgenommen wurde, war auch die Finanzierung über einen Förderzeitraum von vier Jahren gesichert.
Die Bewerbung beim zuständigen Bundesumweltamt war erfolgreich: Rund 3,7 Millionen Euro aus der nationalen Klimaschutzinitiative sowie weitere Fördermittel aus dem Förderprogramm ZEIS (Zukunftsfähige Energieinfrastruktur) der Landes Rheinland-Pfalz sowie von der KfW wurden für die Projektumsetzung bereitgestellt. Die Nahwärmeversorgung Birkenfeld GmbH (NVB) gewann die Ausschreibung zur Realisierung des Vorhabens. Gesellschafter sind bis heute die Verbandsgemeinde Birkenfeld und die Energiedienstleistungsgesellschaft Rheinhessen-Nahe mbH (EDG), die als Generalunternehmerin Netz und Anlagen gebaut hat und heute den laufenden Betrieb managt.
Wertschöpfung bleibt in der Region

Die CO2-Bilanz nach dem ersten Betriebsjahr von April 2020 bis März 2021 übertraf bereits alle Erwartungen. „Die klimarelevanten Treibhausgabe wurden nahezu auf null reduziert", unterstreicht Christoph Zeis, Geschäftsführer des Netzbetreibers EDG den Projekterfolg. „Die Bürgerinnen und Bürger profitieren von stabilen Wärmepreisen und haben dauerhaft preiswerte Heizkosten, die gegenüber einer unplanbaren CO2-Abgabe resilient sind." Die Bio-Nahwärmeversorgung Gimbweiler sei beliebig übertragbar „insbesondere in den ländlichen Raum, in dem es gilt, erneuerbare Energien zur klimaneutralen Wärmeversorgung zu etablieren, um die schwerpunktmäßig auf Heizöl basierenden Heizsysteme zu dekarbonisieren." Für diesen bahnbrechenden Ansatz wurde das Projekt 2021 zum Energy Efficiency Award der Deutschen Energie Agentur nominiert.
Bürgerdialog ist ein Erfolgsfaktor

Information und Kommunikation waren damals wie heute Martin Samson wie auf den Leib geschneidert. „Das war eine aufregende und oft auch anstrengende Zeit, in der viele Hürden überwunden werden mussten", sagt er rückblickend. Aber es habe sich gelohnt: „Wir haben eines der fortschrittlichsten Projekte in Rheinland-Pfalz entwickelt, und die Menschen in Gimbweiler profitieren von unseren Investitionen. Vor allem in Zeiten von steigenden Öl- und Gaspreisen", sagt der damalige Bürgermeister, führt eine weitere Besuchergruppe über den „Energieweg Gimbweiler" und denkt vielleicht schon an den nächsten Schritt auf dem Weg der Energiewende.
Masterplan fördert Vorbildfunktion
Die Verbandsgemeinde Birkenfeld gehört seit dem 01.07.2016 zu den bundesweit 41 Masterplan-Kommunen. Diese werden vom Bundesumweltministerium (BMVU) im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative über vier Jahre gefördert. Im Gegenzug verpflichten sich diese Kommunen dazu, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 95 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren und den Endenergieverbrauch bis 2050 um 50 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
Die teilnehmenden Kommunen sollen hierbei eine Vorbildfunktion im Klimaschutz übernehmen, damit der Beschluss des europäischen Rats, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren, umgesetzt werden kann. In Rheinland-Pfalz gehören seit 2016 neben der Verbandsgemeinde Birkenfeld auch die Städte Mainz und Kaiserslautern, die Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen sowie der Kreis Cochem-Zell den Masterplan-Kommunen.
Kontakt: Verbandsgemeindeverwaltung Birkenfeld, Inga Klawitter | i.klawitter@vgv-birkenfeld.de
Quelle: Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
Technik | Energie, 28.05.2022

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