Gesellschaft | Politik, 15.11.2021
Nach Glasgow: Warum die Klimakatastrophe ausfällt
Der aktuelle Kommentar von Daniel Dettling, Zukunftsforscher
Die Klimakonferenz in Glasgow wird in die Geschichte eingehen: als globales Aufholprogramm im Kampf gegen den Klimawandel. Werden alle vereinbarten Maßnahmen eingehalten, wird die Erderwärmung unter 2 Grad liegen. Spätestens 2030 werden wir den globalen Höhepunkt des CO2-Ausstoßes erreichen. Danach wird unsere Energieversorgung erneuerbar.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wird die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch möglich. Ein neuer Öko-Optimismus setzt sich auch in der Gesellschaft durch, es entstehen mehr Arbeitsplätze als verschwinden. Europa wird zur neuen ökologischen Supermacht, weil es schneller und innovativer auf die nachhaltige Transformation der Wirtschaft setzt.
Der Kapitalismus als Klimaschutzbewegung
Um die große Transformation zu schaffen, braucht es neben der Politik die Bürger und die Unternehmen. Weltweit sind es 100 Unternehmen, die für mehr als 70 Prozent des CO2-Ausstoßes stehen. Ganz oben sind, wenig überraschend, Ölmultis und Staatsunternehmen. Der Kapitalismus wird zur größten Klimaschutzbewegung überhaupt. Die Organisation „Climate Action 100+" ist ein 2019 gegründetes Bündnis aus mehr als 370 Finanzdienstleistern, darunter Unternehmen wie die Allianz, Axa, Deutsche Bank, HSBC und UBS. Zum größten Pool an Investoren werden mit mehr als 40 Billionen US-Dollar Pensionsfonds. In Europa sorgte Norwegen im Jahr 2018 für ein Beben, als das Land bekanntgab, seinen Staatsfonds aus allen Öl- und Gasproduzenten abzuziehen.
Die wirtschaftlichen Schäden eines „Weiter so" wären enorm. Schätzungen zufolge wären es bis zu 23 Billionen Dollar bis Mitte des Jahrhunderts. Deutschland käme mit Einbußen von 11 Prozent noch glimpflich davon, andere Länder, vor allem Asien, träfe es härter. Auch deshalb werden die heute noch großen Emittenten China und Indien schneller aus den fossilen Energie aus- und in die neuen Energien einsteigen.
Ab 2030 wird die Welt erneuerbar
Der neue grüne Kapitalismus kann nicht nur eine bessere Welt schaffen, sondern uns auch wohlhabender machen und dafür sorgen, dass es gerechter zugeht als im alten Kapitalismus. Es geht um Gewinne und Jobs. Mutige Maßnahmen für den Klimaschutz erhöhen die globalen Unternehmensgewinne um 26 Billionen US-Dollar jährlich und könnten in den nächsten 12 Jahren 65 Millionen neue Jobs weltweit schaffen. Wir werden den „Carbon Peak", den Gipfel des globalen CO2-Ausstoßes, bis 2030 erreichen. Ab dann werden unsere Energien erneuerbar. Wetten?
Dr. Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und Politikwissenschaftler und leitet das von ihm gegründete Institut für Zukunftspolitik. Sein neues Buch heißt: „Eine bessere Zukunft ist möglich. Ideen für die Welt von morgen".
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