Gemeinwohl-Ökonomie als Chance nach der Krise

Unternehmerkongress SINN|MACHT|GEWINN zeigte Wege in die Wirtschaft von morgen

Vom 4. bis 6. September 2020 fand im Landgut Stober bei Berlin zum zweiten Mal SINN|MACHT|GEWINN statt, der Unternehmerkongress für die Wirtschaft von morgen. Drei Tage lang diskutierten 75 Unternehmer intensiv Fragen von New Work, sinnstiftendem Unternehmertum, Mitarbeiter-Teilhabe und nachhaltiger Wirtschaft. Dabei zog sich die Vision, wie man als Unternehmer sinnstiftend, nachhaltig und gleichzeitig ökonomisch erfolgreich sein kann, wie ein roter Faden durch den Kongress.
 
Ellen Uloth initiiert SINN|MACHT|GEWINN, den Unternehmenskongress für eine Wirtschaft von morgen. Foto: vogagency.deIn 3 Keynotes, 12 Workshops, 2 Impulsvorträgen und einem Barcamp mit 16 Themen wurden zahlreiche Beispiele gezeigt, wie in einer globalisierten, auf Effizienz getrimmten, immer komplexeren Arbeitswelt die Konzentration auf das Wesentliche gelingen und Arbeit nicht als Druck, sondern Erfüllung wahrgenommen werden kann. Tenor: Die Schlagwörter unserer Zeit – Klimawandel, endliche Ressourcen, Stress und Burnout – zeugen von einer Überforderung von Mensch und Natur. Dieser gilt es ein Wirtschaftsmodell entgegenzusetzen, das sich an Gemeinwohl, ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe orientiert.  

Die Hürden dafür sind gerade für kleine und mittelständische Unternehmen gar nicht so hoch, wie man denkt. Mitinitiator Thomas Uloth präsentierte einen sofort umsetzbaren Stufenplan, um Gemeinwohl-Ökonomie im Betrieb einzuführen. Er sagt: „Unser Modell ist transparent und leicht zu implementieren. Der Nutzen ist immens. Mit einer Investition von rund 80 bis 100 Stunden und 2.500 Euro gelingt der Einstieg." 

Ins gleiche Horn blies Philipp Zettel von der Agentur Neue Werte, der meint: „Nachhaltigkeit und kaufmännisches Handeln sind kein Widerspruch." Er plädiert für einen klaren Rahmen, den man seinen Mitarbeitern steckt, um sie zu entlasten. Etwa: Überstunden in der folgenden Woche sofort abbauen, Kommunikation nur noch zu bestimmten Zeiten, Wissen und Verantwortung teilen. Zettel rät dazu, die eigenen Strukturen und Prozesse radikal zu hinterfragen. Nicht umsonst lautete der Titel seines Workshops: Kill your own Business! 

Unternehmensführung in der VUKA-Welt: Verliert Deutschland den Anschluss?
Um die zunehmend schwierigeren Rahmenbedingungen der Unternehmensführung in den Griff zu bekommen, stellte der heutige Coach und ehemalige Karate-Bundestrainer Andreas Ginger neue Führungsansätze vor. Allgemein spricht man von der VUKA-Welt, um mit diesem Akronym Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zu beschreiben. Diesen begegnet man gleichfalls mit VUKA: Vision, Verstehen (Understanding), Klarheit und Agilität. Ginger sprach in diesem Sinne von einer Öffnung des Denkens, des Fühlens und des Willens. Man solle sich mehr die Frage nach dem „Warum" seines Tuns stellen, weniger nach dem „Was" oder „Wie". Auch plädierte er für mehr Mut in der Unternehmensführung: mehr wagen, um schneller zu sein. Denn beim Thema „Agiles Management" sei die größte Hürde bei den Verantwortlichen im Kopf, gerade in Deutschland. Hier drohe man, den internationalen Anschluss zu verlieren.  
 
Kreativität gegen Überforderung
Amina Meineker, Expertin für Leadership & Change von der Corporate Passion GmbH, betonte in ihrer Keynote: „Wir sind angstgetrieben, wir mögen Veränderungen nicht. Wir leben jetzt in Zeiten, in denen uns das krank macht, was uns in der Vergangenheit hat überleben lassen. Denn auf uns prasseln mehr Impulse ein als früher." Und dann verriet sie ein Geheimnis, wie wir wieder Ruhe und Gelassenheit in unser Handeln bringen können: die kreativen Regionen des Gehirns stimulieren. Und den Mitunternehmern gab sie auf den Weg: Schafft ein Umfeld, in dem sich die Mitarbeiter wohlfühlen und nicht überfordert sind. Dann werden die besten Köpfe und Talente zu euch kommen. 

Von seinem eindrucksvollen Selbstversuch berichtete der Unternehmer, Rechtsanwalt und Journalist Dirk Gratzel. Der frühere Pressesprecher und Justiziar der Daimler AG ist seit einigen Jahren als Umweltaktivist unterwegs und stellte sein Projekt greenZero.me vor. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der TU Berlin hat er jeden Aspekt seines Konsums und Lebensstils genau dokumentiert, um seinen ökologischen Fußabdruck zu ermitteln. Er berichtete davon, wie er im Zuge seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse immer umweltfreundlicher zu handeln begann und durch Kompensationsmaßnahmen wie die Investition in Umweltvorhaben seine persönliche Lebens-Öko-Bilanz ausgleichen wird („Die grüne Null"). 

Erschütterung als Chance: Werknetze entstehen, Kooperationen starten  
Lange Zeit stand auf der Kippe, ob die 2. Auflage von SINN|MACHT|GEWINN überhaupt als Präsenz-Kongress stattfinden kann. Doch nicht umsonst sehen viele Teilnehmer die Corona-Krise eher als Chance, um wichtige Schritte in Richtung Gemeinwohl-Ökonomie und Digitalisierung schneller gehen zu können. Initiatorin Ellen Uloth meint: „Ich freue mich, dass wir den Fokus der ersten Veranstaltung halten konnten. Und dies trotz all dem, was gerade da draußen passiert. Dass es eben nicht nur darum geht, irgendwie zu wirtschaften und durchzukommen. Sondern sich bewusst zu sein, dass gerade solche Erschütterungen die Chance sind, etwas anders zu machen".

Aus den Workshops heraus haben sich bereits Gruppen gebildet, die gemeinsam weiterarbeiten wollen. Sie nennen sich Werknetze und sind für weitere Teilnehmer offen. Andreas Ginger wird das Thema „Transformation durch Inspiration – Analoge Führungsansätze in der VUKA-Welt" mit einigen Teilnehmern übers Jahr weiterdenken. Und auch bei den Themen Gemeinwohl-Ökonomie sowie Digitalisierung und Innovation haben Thomas Uloth sowie Birgit Schönborn von der beginIT GmbH bereits weitere Werknetze angekündigt. 

Neuauflage 2021: Zukunftsforscher Matthias Horx kommt
Bis zum nächsten Kongress SINN|MACHT|GEWINN vom 27.August bis 29. August 2021, wieder im nachhaltigsten Tagungshotel Deutschlands, dem Landgut Stober, soll der Austausch weiter vorangetrieben werden. Für das kommende Jahr steht ein Höhepunkt bereits fest: Der bekannte Zukunftsforscher Matthias Horx hat als Speaker zugesagt. 

Teilnehmerin Mardjan Nemetzade freut sich auf ihre dritte Teilnahme und sagt nach SINN|MACHT|GEWINN 2020: „Ich nehme ganz viel mit, vor allem für mein Gründungsvorhaben Academy of Opportunities, das jungen Leuten eine Perspektive geben soll. Ihnen kann ich nach diesen drei Tagen sagen: Es gibt Arbeitsplätze, es gibt eine Welt da draußen, die auf euch wartet." 

Interessierte Unternehmer können sich über die Website von SINN|MACHT|GEWINN bewerben. Bis zum 31. Dezember 2020 gilt ein Sonderpreis von 1.090 Euro. Anschließend kostet die Teilnahme nach erfolgreicher Bewerbung 1.290 Euro, jeweils zzgl. MwSt.

Weitere Informationen


Über SINN|MACHT|GEWINN 
SINN|MACHT|GEWINN ist der Kongress für die Wirtschaft von morgen. Zum ersten Mal fand er 2019 im Landgut Stober statt, das als nachhaltigstes Hotel Deutschlands ausgezeichnet wurde. Themen des Kongresses sind Gemeinwohl-Ökonomie, nachhaltiges Wirtschaften, New Work, Mitarbeiterbeteiligung und damit verwandte Themen. Der Titel der Veranstaltung weist auf ein zentrales Anliegen hin: Hier treffen sich Unternehmer nicht nur als Idealisten, sondern weil die von ihnen umgesetzten Änderungen in ihren Betrieben weg vom kapitalistischen Effizienzstreben auch ökonomisch erfolgreich sind.
 
Initiatorin Ellen Uloth ist überzeugt, dass Unternehmen Orte der Entwicklung sein müssten – der Entwicklung der Menschen, die dort arbeiten, der Kunden der Unternehmen und auch der Kooperationspartner und Lieferanten. Orte, die durch ihre Produkte und Leistungen das Leben der Menschen bereichern und an denen sich die dort Arbeitenden voll entfalten können, indem sie einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen. Sie betreibt seit 2005 die Firma smile! Telefonservice und Bürodienstleistungen. www.smile-buero.de

Ihr Mann und Mitinitiator Thomas Uloth ist Unternehmensberater und Experte für Gemeinwohl-Ökonomie. Er hat einen sofort umsetzbaren Stufenplan entwickelt, der es vor allem mittelständischen Unternehmen erlaubt, mit vergleichbar geringem Budget gemeinwohlökonomische Prozesse und Strukturen einzuführen.
 
Kontakt: SINN|MACHT|GEWINN, Ellen Uloth | ja@sinnmachtgewinn.de | www.sinnmachtgewinn.de

Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 30.09.2020

     
        
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