Klimakläger kritisieren Forderung von EU-Parlament und Rat, ihnen auch in zweiter Instanz Schutz ihrer Grundrechte zu verweigern

Europäisches Parlament erklärt Klimaernstfall

Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben auf die Rechtsmitteleinlegung der Kläger des People's Climate Case reagiert und auch in zweiter Instanz die Abweisung der Klage auf eine Verschärfung der EU-Klimaziele und Grundrechtsschutz beantragt. Zu den Klägern des People's Climate Case zählt auch Familie Recktenwald von der Insel Langeoog.
 
Der Europäische Rat und das Parlament, das erst vergangene Woche den Klimaernstfall (climate emergency) ausgerufen hatte, argumentieren, die Klage der zehn Familien und des Jugendverbandes der Sami, die unter den verheerenden Folgen der Klimakrise leiden, sollte nicht per Direktklage vor den EU-Gerichten verhandelt werden. Die Grundrechtecharta, auf die sich die Kläger berufen, gewähre zwar individuelle Grundrechte, klagen könne aber nur, wessen Schädigung ganz spezifisch ist und sich aus der allgemeinen Betroffenheit heraushebt.
 
Professor Gerd Winter (Bremen), Rechtsvertreter der klagenden Familien: "Die Juristen des Parlaments und des Rates verteidigen weiterhin ein Paradox: Je schwerwiegender die durch EU-Gesetzgebung zugemuteten Schäden sind und je mehr Personen deshalb in ihren europäischen Grundrechten verletzt werden, desto stärker wird der Weg zum Rechtsschutz vor den EU-Gerichten verbaut."
 
Das Europäische Parlament wie auch der Rat empfehlen den Klägern stattdessen, schärfere Emissionsreduktionen vor nationalen Gerichten einzuklagen. Diese könnten dann das Europäische Gericht auffordern zu entscheiden, ob das gesamte Klimaziel der EU für 2030 verschärft werden muss. Die Kläger hatten jedoch bereits erklärt, dass dies ein kostspieliger und letztlich wenig erfolgversprechender Umweg wäre. Denn die nationalen Gerichte wären keineswegs gezwungen, die EU-Emissionsziele vom EuGH überprüfen zu lassen. Zudem müssten die Kläger vor Gerichten aller 28 Mitgliedsstaaten Klage erheben, um eine Reduktion der gesamten Emissionsmenge der EU zu erreichen. Dies stelle eine inakzeptable Barriere für ihr Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz dar.
 
Dr. Roda Verheyen (Hamburg), Prozessvertreterin der Familien: "Die Staats- und Regierungschefs der EU erkennen in zahlreichen Erklärungen das Ausmaß der Klimakrise und die Bedeutung eines ambitionierteren Klimaschutzes an. Es ist inakzeptabel, dass diese Institutionen anstatt Rechtsschutz zu gewähren, Bürgerinnen und Bürger aus der EU-Gerichtsbarkeit verdrängen." Die Kläger können nun beim Gericht den Antrag stellen, eine ausführliche Antwort einzureichen.
 
Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, die das Anliegen der Klägerfamilien unterstützt: "Die Argumentation von Parlament und Rat ist absurd: Wäre nur eine Familie vom Klimawandel betroffen, dürfte diese den Schutz ihrer Grundrechte einklagen. Weil aber viele davon betroffen sind, soll ihnen dieses Recht verwehrt werden. Das Parlament erklärt den Klimaernstfall, aber es will den gerichtlichen Schutz der Grundrechte verweigern."
 
Der People's Climate Case wird von einem breiten Bündnis von Umweltverbänden - unter ihnen Climate Action Network Europe, Protect the Planet und Germanwatch - sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterstützt. Die Klage wurde im Mai 2018 eingereicht und in erster Instanz vom Europäischen Gericht als unzulässig abgewiesen. Die Kläger hatten daraufhin Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.
 
Kontakt: Germanwatch e.V. | kueper@germanwatch.orgwww.germanwatch.org

Umwelt | Klima, 10.12.2019
     
Cover des aktuellen Hefts

Logistik und Transport - Herausforderung für Klima und Umwelt

forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2023 mit dem Schwerpunkt: Transport & Logistik

  • KI und Robotik
  • Normen für den grünen Wandel
  • Photovoltaik für Unternehmen
  • Ende des Etikettenschwindels
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
28
SEP
2023
(Mehr) „Klimagerechtigkeit“ …in und durch München? – wir machen mit!
Einladung zum Event in Vorbereitung des Münchner Klimaherbst 2023
80336 München und online
29
SEP
2023
Fest der Regionen
Kommt, wir feiern die sozial-ökologische Transformation!
92539 Schönsee, Nature Community
30
SEP
2023
Vortragsreihe "Klima: Was kann ich tun?"
Tages-Stadtausflug "Klima-freundlich einkaufen"
80337 München
Alle Veranstaltungen...

Gemeinsam ist es Klimaschutz

natureOffice nimmt Sie mit auf die Reise durch den Klimakosmos - gleich YouTube-Kanal abonnieren und Baum pflanzen!

Politik

Parteiübergreifender Wahlkampftrend "Verbieten verbieten"
Christoph Quarch sieht es als Aufgabe der Politik, das Gemeinwohl zu befördern. Und der Klimawandel erfordert rasches Handeln.
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Orientierung im Abkürzungsdschungel

Berufung finden: wichtige Schritte auf dem Weg zum Traumjob

Was ist ein Green Belt ...

Beststellerautor Marc Elsberg und Zero-Waste-Köchin Sophia Hoffmann beim KONGRESS BW

Die Bedeutung der CNC-Bearbeitung in der modernen Industrie

Die Aktion Zukunft+: ein Klimaschutz-Sofortprogramm für Unternehmen (Teil 2 von 3)

CRITICAL FRIENDS Changemaker Akademie

Beim Klimaschutz spalten Extrempositionen die Gesellschaft

  • Engagement Global gGmbH
  • toom Baumarkt GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Kärnten Standortmarketing
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen