Das Gemeinnützigkeitsrecht muß reformiert werden
... aber nicht dazu missbraucht werden, unliebsame Kritiker mundtot zu machen
Am 8. Dezember 2018 hat der CDU-Parteitag auf Antrag des Landesverbands Nordwürttemberg beschlossen, die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) zu überprüfen. Anlass ist die Kampagne der DUH für Dieselfahrverbote. Seitdem wird politisch und medial über das Gemeinnützigkeitsrecht gestritten. Aber die Diskussion geht am Kern vorbei!
![Das Gemeinnützigkeitsrechts muss reformiert werden - sollte aber nicht dazu mißbraucht werden, unliebsame Kritiker mundtot zu machen. © geralt, pixabay](/global/images/cms/Pressemeldungen/2019_01/clause-684509_960_720_c_geralt_pixabay.png)
Beeinträchtigungen dieses zivilgesellschaftlichen Handelns in Ländern wie Ägypten, Russland, Ungarn oder der Türkei werden politisch gerügt und ziehen sogar Sanktionen nach sich. Unter dem Stichwort ‚Shrinking Civic Space‘ wird weltweit eine Debatte darüber geführt, wie solchen Angriffen auf den öffentlichen Handlungsraum der Bürgerinnen und Bürger zu begegnen ist. Leider sind solche Angriffe aber nicht auf diese Länder beschränkt. Auch in Deutschland gibt es Versuche, zivilgesellschaftliche Beteiligung an politischen Debatten einzuschränken. Schon seit Jahren kämpft beispielsweise ATTAC Deutschland um seinen steuerlichen Status als gemeinnützige Organisation. Demnächst wird der Bundesfinanzhof darüber zu entscheiden haben.
Der Beschluss der CDU zielt, wie man feststellen muss, in die gleiche Richtung. Zivilgesellschaftliche Akteure sollen in der Ausübung ihrer demokratischen Mitspracherechte beschränkt werden. Der Beschluss ist zugleich Ausdruck des verzweifelten Kampfes, den die politischen Parteien gegen ihren zunehmenden Machtverlust führen. Dass der Antrag von dem Landesverband der CDU eingebracht wurde, in dem die Automobilindustrie finanziell und personell einen wesentlichen Einfluß ausübt, lässt den Vorstoß besonders pikant erscheinen.
Die DUH bietet andererseits dafür erhebliche Angriffsflächen. Nicht nur erscheint ihr Vorgehen in Methodik und Stil überzogen. Auch die Finanzierung der DUH durch sehr professionell gesteuerte und zwar legale, aber im Sinne des sozialen Friedens höchst grenzwertige Abmahnverfahren ist nicht geeignet, bei der Verfolgung ihrer Umweltanliegen besonderes Vertrauen zu erwerben.
Deshalb droht die Debatte um den CDU-Beschluss, der letztlich auf eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts hinausläuft, eine Dynamik zu bekommen, die am Kern der Problematik vorbeigeht. Richtig ist nämlich, dass das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht dringend reformbedürftig ist. Seit 1998 (!) steht dies in jeder Koalitionsvereinbarung; über kosmetische Korrekturen ist die Reform aber nie hinausgekommen.
Ausdrücklich ist zu betonen, dass es heute bei einer solchen Reform nicht um mehr Steuervorteile für gemeinnützige Organisationen geht! Mit diesem „Killerargument" hat die Finanzverwaltung bisher jeden Reformversuch erfolgreich abgewehrt.
Vielmehr geht es im Kern um
- Erhalt und Förderung der zivilgesellschaftlichen Beteiligung an der Gestaltung unseres Gemeinwesens;
- Einführung von Veröffentlichungspflichten für gemeinnützige Organisationen zur Verbesserung der Transparenz;
- Modernisierung und Straffung des bis in die Formulierungen völlig überalterten Gemeinnützigkeitsrechts;
- Sicherstellung einer einheitlichen Handhabung durch alle damit befassten Behörden;
- Einführung von Kompetenzzentren für dieses Rechtsgebiet auf der Ebene der Verwaltung.
Daneben haben Experten aus Wissenschaft und Verbänden (zuletzt der Deutsche Juristentag 2018) zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung einzelner Bestimmungen vorgelegt, die Beachtung verdienen und umgesetzt werden sollten, bisher aber von den Parteien und Verwaltung nicht aufgegriffen worden sind.
Fazit: Im Sinne der Verteidigung und Entwicklung der Werte unserer Gesellschaft besteht dringender Handlungsbedarf für eine grundlegende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Dieses Recht sollte aber nicht dazu missbraucht werden, unliebsame Kritiker mundtot zu machen.
Gesellschaft | Politik, 28.01.2019
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