Matthias Lehnert
Lifestyle | Geld & Investment, 01.01.2018
Social Impact Investing:
Möglichkeiten und Grenzen
Diesen Beitrag von Matthias Lehnert, Oikocredit, finden Sie im B.A.U.M.-Jahrbuch 2018 – Nachhaltiges Investieren.
Seit einigen Jahren gewinnt der Ansatz des „Social Impact Investing" in der Szene nachhaltiger Investoren an Aufmerksamkeit. Hinter dem Begriff verbirgt sich der Anspruch, wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer und ökologischer Wirkung in einer Investitionsstrategie zu verbinden. Noch handelt es sich um ein Nischenphänomen. Wie groß ist sein Potenzial?
Der bloße Ausschluss von Branchen, Staaten oder Unternehmen anhand klar definierter Negativkriterien wie beispielsweise der Produktion von Rüstungsgütern oder der Anwendung der Todesstrafe reicht einigen Investoren nicht. Sie wollen mit ihrem Geld direkt solche Vorhaben fördern, die auf die Behebung sozialer und ökologischer Missstände gerichtet sind. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass Herausforderungen wie die Bekämpfung des Klimawandels oder die Beseitigung von Hunger und Armut neben Spenden und öffentlichen Mitteln auch den Einsatz unternehmerischen Handelns verlangten. Aus diesen Überlegungen entstand um die Jahrtausendwende das Konzept des „Social Impact Investment" (SII). Es bezeichnet Investitionen, die mit dem erklärten Ziel getätigt werden, neben einem wirtschaftlichen Ertrag nachweisbare soziale und/oder ökologische Wirkung zu erreichen. Wichtige Felder des SII sind „grüne" Technologien und erneuerbare Energien, Mikrofinanz, nachhaltige Landwirtschaft, sowie Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen. Als wesentliche Instrumente haben sich Eigenkapitalbeteiligungen und die Vergabe von Darlehen etabliert. Die Investitionen erfolgen direkt oder über spezielle SII-Fonds. Klassische börslich gehandelte Instrumente wie Aktien oder Anleihen spielen eine untergeordnete Rolle, da sie einen direkten „Ermöglichungseffekt" nur zum Zeitpunkt der Emission bieten. Wer nur ein Wertpapier von einem anderen Investor erwirbt, erweitert den Aktionsradius eines wirkungsorientierten Unternehmens allenfalls indirekt.Klare Spezifizierung der Wirkungen
Die Chancen des SII liegen auf der Hand: Im Vergleich zu anderen Formen des nachhaltigen Investments können die Wirkungen von SII-Anlagen klarer spezifiziert und identifiziert werden. Zudem ermöglicht SII die Mobilisierung privater finanzieller Mittel, die Spendenorganisationen nicht zugänglich sind. Vor allem für Stiftungen ist SII interessant, da es ihnen die Chance bietet, den jeweiligen Stiftungszweck nicht nur mit den Erträgen aus dem Stiftungsvermögen zu fördern, sondern mit dem Vermögen selbst.
Angesichts dieser Vorzüge verwundert es nicht, dass SII im letzten Jahrzehnt wachsenden Zuspruch erfahren hat. Mittlerweile gibt es ein breites Spektrum an Unternehmen, die von Impact-Investoren finanziert werden. Es reicht von Mikrofinanzinstituten in Entwicklungsländern über Händler biologischer Lebensmittel bis hin zu Unternehmen, die Kommunikationstechnologien für Menschen mit Behinderung entwickeln. Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hat im Jahr 2016 ergeben, dass sich das investierbare Vermögen des SII in Deutschland seit 2012 auf 70 Millionen Euro verdreifacht hat. Das Global Impact Investing Network (GIIN) gibt das internationale Volumen mit 114 Milliarden US-Dollar an. Damit bleibt SII bislang trotz der beeindruckenden Wachstumsraten ein Nischenphänomen.
Grenzen und Kritik
Die Frage, welches Potential SII hat, lenkt den Blick auf mögliche Grenzen. Selbst im Vergleich mit anderen nachhaltigen Investments ist SII ein anspruchsvoller Ansatz. Er setzt die Existenz von Sozialunternehmen („social businesses") voraus, die wirkungsorientiert tätig sind und über Kapitalbedarf verfügen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus den genannten Investitionsinstrumenten des SII: Sie stehen in der Regel nur vermögenderen Investoren zur Verfügung.
Aber auch die Logik des SII selbst ist nicht über Zweifel erhaben. So wird gewarnt, SII könne der Privatisierung staatlicher Daseinsvorsorge Vorschub leisten. Diese Befürchtung ließe sich mit einer rigorosen Wirkungsmessung entkräften. Genau daran hapert es aber vielfach noch: Wirkungsziele sind oft nicht eindeutig definiert, was eine Evaluierung erschwert. In einzelnen Bereichen haben sich spezielle Verfahren der Wirkungsmessung bewährt. So lässt sich etwa mithilfe des Poverty Probability Index (PPI) untersuchen, wie sich die Lebensbedingungen von wirtschaftlich benachteiligten Menschen in den Ländern des Globalen Südens im Zeitverlauf verändern. Auf diese Weise kann man auch feststellen, ob etwa die Vergabe von Mikrokrediten einen positiven Effekt auf das Leben der erreichten Menschen hat. Allerdings gibt es keinen allgemeinen Wirkungsmaßstab, mit dem sich beispielsweise eine Mikrofinanzinstitution und ein Start-up im Bildungsbereich vergleichend bewerten ließen.
Der zukünftige Erfolg des SII wird nicht zuletzt davon abhängen, ob es seine verschiedenen sozialen und ökologischen Wirkungen auf eine Weise transparent machen kann, die auch einen Leistungsvergleich zwischen verschiedenen Investments ermöglicht. Angesichts der Chancen, die der Ansatz bietet, ist zu wünschen, dass dies gelingt.
Matthias Lehnert leitet die Geschäftsstelle Deutschland der internationalen Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit, die Darlehen und Eigenkapitalbeteiligungen an Mikrofinanzinstitutionen, Genossenschaften und kleine und mittlere Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern vergibt.
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