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Tierische Geschäfte – Schutz durch Jagd?

Leserbrief von Stefan Michel an Hannes Jaenicke zum Thema Trophäenjagd

Lieber Herr Jaenicke,

Ich habe Ihren Beitrag in forum und Ihre Forderung, die Einfuhr von Jagdtrophäen zu verbieten, gelesen. Diese Forderung ist sicher gut gemeint, aber die Konsequenzen würden leider dem Artenschutz und auch dem Tierschutz schaden, statt zu helfen. Ich bin selbst kein Jäger und kann die Motivation von Jägern nur teilweise verstehen. Allerdings bin ich auch kein Vegetarier, trage Lederschuhe und bin mir bewusst, dass für diese Bedürfnisse Tiere getötet werden.
 
Ein erlegter Markhor - kann Trophäenjagd zum Schutz bedrohter Tiere beitragen? © K. KarimovIm Vergleich zu Produkten aus intensiver, ja sogar aus ökologischer, Landwirtschaft sind Tierprodukte aus nachhaltiger Jagd deutlich mehr mit den Ansprüchen an Tier-, Arten- und Naturschutz zu vereinbaren. Die Tiere leben in ihrer natürlichen Umgebung, nicht in Ställen, weder Antibiotika noch importierte oder intensiv angebaute Futtermittel werden eingesetzt und im Vergleich zu Transport und Schlachtung ist das Leiden der Tiere minimiert. Auch bei der „Trophäenjagd" handelt es sich um das Befriedigen eines Bedürfnisses, welches genau wie Fleischkonsum nicht überlebensnotwendig ist. Und in aller Regel wird das Fleisch bei der „Trophäenjagd" von der lokalen Bevölkerung genutzt. Daher fällt es mir schwer die Jagd pauschal zu verdammen.

Doch lassen Sie mich zunächst kurz und konkret von „meinem" Projekt in Tadschikistan berichten: Vor zehn Jahren begann ich, Strategien gegen den rasanten Niedergang der Berghuftierbestände und des Schneeleoparden zu entwickeln und umzusetzen. Sofort war klar, dass das nur gemeinsam mit den dort lebenden Menschen gelingen kann, denn sie sind entweder ein unüberwindliches Problem für den Schutz dieser Arten oder aber wertvolle Partner. Die Jagdverbote wurden nicht beachtet und Wilderei nur durch die Abwesenheit von Wildtieren begrenzt. Der Durchbruch gelang schließlich mit dem Etablieren dörflicher Vereine traditioneller Jäger, die sich einigten, auf Wilderei zu verzichten und stattdessen einen nachhaltigen Jagdtourismus zu etablieren. Dabei werden nach strengen internationalen Kriterien Wildzählungen durchgeführt und nur wenige alte Männchen von Wildschafen, Schraubenziegen und Steinböcken legal geschossen. Von dem Preis der Jagdtouren kommen etwa 50% vor Ort an. Die Dorfvereine finanzieren damit den Schutz vor Wilderei und investieren in soziale und Infrastrukturprojekte ihrer abgelegenen Bergdörfer. In den derzeit sieben derartig geschützten Gebieten haben sich die Wildtierpopulationen wieder erholt – die Berghuftiere und mit ihnen der Schneeleopard. Einige Bestände haben sich in wenigen Jahren vier- oder sechsfach erhöht.
 
Gern hätte ich dieses Ziel ohne Jagd erreicht, nur mit „Ökotourismus". Aber das funktioniert aus verschiedenen Gründen nicht – die meisten Touristen sind eher an der Landschaft als an den Tieren interessiert und die Einnahmen sind zu gering, da „Öko-Touristen" nur einen Bruchteil der Kosten einer einzigen Jagdtour zu zahlen bereit sind. Ich bin gern bereit Ihnen mehr über unseren Erfahrungen zu erzählen, konkrete Ergebnisse vorzustellen.

Auch möchte ich kurz auf das riesige private Schutzgebiet „Sango" in Simbabwe hinweisen. Hier wurde eine degradierte Rinderfarm in ein Wildtierparadies verwandelt. Dies war nur möglich mit einem durchdachten Konzept, bei dem Trophäenjagd eine wichtige Rolle spielt. Dieses ist so erfolgreich, dass aktuell aus diesem Gebiet rund 2000 Wildtiere, darunter viele Büffel, Elefanten und später Löwen, in den bürgerkriegsbedingt weitgehend leergewilderten Zinave-Nationalpark in Mozambique umgesiedelt werden. Diese Tiere stellt der private Eigentümer übrigens kostenlos (!) zur Verfügung und die Umsiedlung erfolgt mit Unterstützung der u.a. von Nelson Mandela gegründeten "Peace Park Foundation".

Lieber Herr Jaenicke, durch die ungebremst wachsende Menschheit, das verständliche Streben nach einer gewissen Lebensqualität und auch den ambitionierten Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe (deren Anbau ja große Flächen beansprucht) wächst der Druck auf die letzten Naturgebiete. Bitte lassen Sie sich nicht verleiten, die Trophäenjagd zum Sündenbock zu machen - die Probleme liegen woanders. Im Gegenteil, die genannten zwei Beispiele, die keineswegs Ausnahmen sind, zeigen, dass die nachhaltige Jagd ein starker Verbündeter für Artenschutz ist!

Ich habe gehört, dass Sie, Herr Jaenicke, vor einem Jahr nach „Sango" eingeladen worden sind und Sie zugesagt haben. Bitte fahren Sie dorthin und ich garantiere Ihnen, dass Sie begeistert sein werden! Ebenso sind sie herzlich eingeladen, die gemeindebasierten Wildschutzgebiete in Tadschikistan zu besuchen. Sie werden unvergessliche Eindrücke mitnehmen. Sogar Beobachtungen des Schneeleoparden sind dort möglich!

Vergleichen Sie Ihre in forum und andernorts präsentierten Positionen mit der Realität! Lassen Sie uns populistische Stimmungsmache vermeiden und stattdessen Positionen kritisch hinterfragen und erfolgreiche Ansätze fördern!

Herzliche Grüße vom Internationalen Schneeleoparden- und Ökosystem-Forum in Bishkek,

Stefan Michel
 

Umwelt | Umweltschutz, 30.08.2017

     
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