Für ein neues Zeitalter von Unternehmertum?! - Wege in ein Resonanz-Unternehmertum. 11. bis 13. Juni 2024

Die Elternzeit als Karrieresprung

Leadership- Programm für Top-Talente in der Elternzeit

Eltern sein und arbeiten? Das bringt nicht selten ein permanent schlechtes Gewissen. Schließlich ist beides ein Vollzeitjob und jeder Mensch – ob arbeitende Mutter oder CEO – hat nur die gleichen 24 Stunden zur Verfügung. Und alle – auch Eltern von Klein­kindern – müssen irgendwann schlafen. Das heißt, viele Kompromisse machen. Dieses Dilemma war Ausgangspunkt für die Gründung eines Unternehmens.
 
Ricarda Engelmeier mit zwei ihrer Kinder und Friedensnobelpreisträger Prof. Yunus, der sie zum (sozialen) Unternehmertum ermutigte. © privatKompromisse machen zu können, ist eine Führungsqualität. Multitasking und Widerstandsfähigkeit auch. Empathie zeigen und zuhören können sowieso – auch wenn woanders gerade alles am Zusammenbrechen ist. So gesehen haben Eltern vielleicht manchmal das schlechtere Gewissen, aber oft auch bessere Führungsfähigkeiten. Eben weil sie Eltern sind…
 
VUCA in Indien
Meine „Ausbildung" begann mit der Geburt meiner ersten beiden Kinder, in Indien. Ich habe mit meinem Mann sieben Jahre in Delhi gelebt, dort eine Nachhaltigkeitsinstitution aufgebaut und „nebenbei" zwei kleine Kinder aufgezogen.
 
Meine indischen Freunde haben immer gesagt: „You can see the beauty through the dust." Die Schönheit durch den Staub zu sehen: Das fiel als neue Mutter in Indien manchmal schwer. Indien ist laut, chaotisch, vibrierend und fordernd. Jederzeit passiert Unvorhergesehenes. Oft ist es etwas Schönes und oft ist es eine Herausforderung: zwei Stunden Stau auf dem Weg ins Büro, drei Stunden wieder zurück, und dann noch beim Malkurs vorbeifahren und die Kinder einsammeln. Oder: auf einmal toxischer Qualm im Kinderschlafzimmer, weil der Müll im Nachbargarten verbrannt wird. Dazu kommen jedes Jahr um die 85 unberechenbare Feiertage mit entsprechenden Kita-Schließungen – es gibt hinduistische, islamische, christliche Feiertage, volatile Feiertage nach Mondzeiten, das Schlangenbootrennen, den Republic Day, Ghandis Geburtstag – und bei Monsun läuft gar nichts mehr. Als berufstätige Mutter in Indien musste ich also zu jeder Zeit alle Antennen anhaben, Hindernisse wittern, agil reagieren und Lösungen finden: etwa mit einer Baby-Badewanne das Feuer löschen oder ein privates Notfall-Kita-System aufbauen.
 
Die vielarmige Gottheit
Auf meinem Schreibtisch steht immer noch eine kleine Shiva-Statue. In seinen vielen Händen hält er die Instrumente, die die Welt zusammenhalten. Mit dem einen Fuß drückt er den Dämon der Ignoranz platt. Und mit dem anderen tanzt er. Das ist mein Rollenvorbild. Als berufstätige Mutter in Indien und Deutschland.
 
„Als Mutter habe ich Resilienz, effektives Zeitmanagement und empathische Führung gelernt." 

Eine vielarmige Gottheit bin ich beileibe nicht. Aber als Mutter und Unternehmerin will ich für meine Familie und mein Unternehmen die Welt zusammenhalten, in unseren Unternehmen Aufklärungsarbeit über Diversität leisten und gleichzeitig das Tanzen nie vergessen. Viele dieser Fähigkeiten habe ich meinen Kindern zu verdanken. Als Mutter habe ich Resilienz, effektives Zeitmanagement und empathische Führung gelernt – und bin dadurch besser aufgestellt ins Berufsleben zurückgekehrt.

Man würde meinen, dass das die Unternehmen auch erkennen. Tun sie aber leider viel zu selten. Die Frauen und Männer, die durch ihre Elternzeit zu besseren Führungskräften geworden sind, übrigens auch. Denn, zu erkennen, dass der Spagat zwischen Familie und Job auch Superpower verleihen kann, erfordert eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein. Die hat nicht jeder. Deshalb fallen vor allem Mütter in der Familiengründungsphase vom Karrierepfad. Dabei brauchen Unternehmen diese Frauen jetzt mehr denn je, denn mit rein männlich besetzten Teams kommt man bei Kunden immer seltener durch. Und die Quote zieht an…

Startschuss für ein Unternehmen
Deshalb habe ich nach der Geburt meines dritten Kindes – nun wieder in Deutschland lebend – bereits in meiner eigenen Elternzeit das Start-up MyCollective gegründet. Es soll dazu dienen, die Superpower und die unvergleichlichen Skills von Eltern mit den neuen Herausforderungen in der Wirtschaft zu verbinden. Ein dafür neu entwickeltes Leadership-Programm für Top-Talente in der Elternzeit (Frauen und Männer) gibt Unternehmen ein Werkzeug an die Hand, ihre Mitarbeiter in der Familiengründungsphase einerseits zu unterstützen und gleichzeitig auf dem Karrierepfad zu halten. Damit will MyCollective ein Dolmetscher sein, der Elternqualitäten in Führungsqualitäten übersetzt und dabei die drei Ebenen „connect" (vernetzen), „empower" (stärken) und „inspire" bespielt.

Connect – Peers quer durch die Industrie miteinander zu vernetzen, ist nicht nur wichtig, damit sie untereinander Kontakte knüpfen können, sondern auch, weil sie füreinander eine Art kollektives Rollenbild sind. Nach dem Motto „If I can see it, I can be it" ist es besonders für Mütter einfacher, sich in Führungsrollen zu sehen, wenn sie mit anderen Eltern vernetzt sind, die diese Realität bereits leben.

Empower – Eltern sind Superhelden. Leider wissen sie das nicht immer. Bei MyCollective haben wir Elternfähigkeiten mit Führungsqualitäten übereinandergelegt und daraus sechs Trainingsmodule entwickelt. Wir wollen Eltern in ihrem 24/7-Job zeigen, wie sie ihre neuen Fähigkeiten und Kompetenzen als Stärken identifizieren können, um sie dann zu verbalisieren und zu internalisieren. Ein Modul zeigt zum Beispiel, wie schreiende Babys ihren Eltern aktives Zuhören beibringen können (Bedürfnisse erkennen). Ziel ist, dass man sich in der Elternzeit auch wirklich Zeit nimmt, Eltern zu sein, um anschließend mit einem neuen Skill-Set wieder in den Beruf einzusteigen.

Inspire – Elternzeit ist zwar schön und wertvoll; wer aber den ganzen Tag Windeln wickelt und immer wieder die gleichen Babylieder singt, weiß, dass Inspiration und Kreativität manchmal etwas zu kurz kommen. In Live-Impulse-Sessions laden wir Aufsichtsrätinnen, Vorstände, Professorinnen, Buchautoren und Gründerinnen ein, um mit unseren Teilnehmer*innen über ihre Themen zu sprechen, aber auch um mit ihnen auf ganz persönlicher Ebene zu diskutieren, wie sie es denn gemacht haben, wie sie die Kombination Kinder und Karriere hingekriegt haben.

Im Gegenzug bieten wir unseren Teilnehmer*innen an, Start-ups aus dem Impact-Bereich pro Bono als Mentor*innen zu unterstützen. Dadurch können sie während ihrer Elternzeit Kompetenzen einbringen, die sonst im Alltag mit Baby zu Hause nicht abgefragt werden. Sie stellen damit ihr Know-how einer nachhaltigen, sinnvollen Wirkungskette zur Verfügung. Sie kommen in Berührung mit frischem Unternehmergeist und Impact-Gedanken und werden somit genau zu den Führungskräften, die unsere Wirtschaft braucht. In einigen Unternehmen weiten wir das Programm auch auf alle Mitarbeiter*innen in Elternzeit aus, mit dem Ziel, die Gesamtwahrnehmung dieser speziellen Lebensphase im Unternehmen zu verändern – #changing the narrative!

Wir wollen also Unternehmen dabei helfen, die Schönheit durch den Staub zu sehen und die Stärken und Qualitäten moderner Shivas zu erkennen (weiblicher und männlicher Natur) – um am Ende zu mehr Diversität und Kompetenz am Arbeitsplatz beizutragen. 

Dr. Ricarda Engelmeier ist Mutter von drei Kindern im Alter von 4, 9 und 11 Jahren. Zwei ihrer Kinder sind in Indien geboren; dort lebte sie sieben Jahre lang und baute für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein Nachhaltigkeitsinstitut auf. Zurück in Deutschland hat sie in der Corporate Strategie eines Großkonzerns Nachhaltigkeitsthemen vorangetrieben. 2018 wurde sie Gründerin des Start-ups MyCollective, das Top-Talente in der Elternzeit unterstützt, um ihnen die Rückkehr ins Arbeitsleben – und in die Führungsetagen – zu erleichtern.

Wirtschaft | Führung & Personal, 01.07.2022
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2022 mit dem Schwerpunkt: Wirtschaft im Wandel - Habeck Superstar? erschienen.
     
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