Landwirtschaft 4.0
Künstliche Intelligenz für mehr Tierwohl im Stall
Das Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) und die Universität Hohenheim erschließen Datenquellen für eine zukunftsfähige Schweinehaltung.

Stress mit dem Buchtennachbar, Kampf um den Zugang zu Ressourcen wie Wasser, Futter und Beschäftigungsmaterial, gesundheitliche Probleme, zu hohe Schadgasgehalte im Abteil – all diese Faktoren fördern das Schwanzbeißen bei Schweinen. Wissenschaft und Praxis gehen davon aus, dass ein Zusammenwirken dieser Risikofaktoren eine Rolle spielt – doch hier gibt es noch viele Wissenslücken.
An dieser Stelle setzt intelligente Big Data-Analytik an. „Damit können wir große Datenmengen zu diesen Faktoren aus unterschiedlichen Quellen analysieren – und so neue Informationen gewinnen und bisher unbekannte Zusammenhänge aufdecken", erläutert Prof. Dr. Stefan Kirn, Leiter des Fachgebiets Wirtschaftsinformatik II an der Universität Hohenheim.
„Die Tierhaltung bietet herausfordernde Anwendungsfälle für maschinelle Lernverfahren, z.B. kann das Wohlergehen der Tiere verbessert oder auch das betriebliche Management optimiert werden", unterstreicht Wirtschaftsinformatiker Martin Riekert, der das Teilprojekt der Universität Hohenheim leitet.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Tierhaltung
Ein Thema, das die Forscher im Visier haben, ist die Frage, wie man frühzeitig gesundheitliche Risiken bei den Ferkeln mittels Maschineller Lernverfahren erkennen kann. Dafür untersuchen sie derzeit rund 25 Variablen und werten Daten seit 2011 zu rund 50.000 Schweinen aus, um zu prüfen, ob Vorhersagen zu frühzeitigen gesundheitlichen Risiken möglich sind.
„Eine andere denkbare Anwendung wäre auch, im Rahmen eines Tierwohlmonitorings das Tierverhalten zu überwachen, um Stress frühzeitig zu erkennen", so Riekert. Das Team wertet dazu über Videokameras mit Deep Learning das Liegeverhalten der Tiere aus.
Darin liegt auch eine wichtige Anwendung für die breite Praxis. Landwirtschaftliche Nutztierhaltung steht vor zukunftsorientierten Aufgaben. Viele Konsumenten wollen heute wissen, wo die Tiere herkommen, wie sie gehalten und gefüttert werden und dass es ihnen gut geht. Die Daten vom Tier selbst und aus der Haltungsumgebung, der Haltungstechnik und zum Gesundheitszustand geben in ihrer Verknüpfung Auskunft auf die vielen Fragen. Bedeutende Beiträge für mehr Akzeptanz der Tierhaltung in der Gesellschaft und ein besseres Image bringt die Digitalisierung und Vernetzung.
Viele einzelne Dateninseln am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg
Umsetzen wollen die Hohenheimer Wissenschaftler das konkret mit dem Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ). Die Herausforderung an der LSZ: „Dort liegen zwar sehr viele Daten vor, aber sie sind nicht nutzbar, da es sich um lauter Insellösungen handelt. Sie sind nicht vernetzt", legt Dr. Achim Klein dar, der bis Ende August 2019 den Arbeitsbereich Knowledge Extraction leitete, dem das Teilprojekt zugeordnet ist. „In der tierischen Erzeugung gibt es einen enormen Nachholbedarf. Denn anders als in der Pflanzenproduktion sind die Datensätze kaum für die Datenanalytik erschlossen."
Zu den Sauen, Ferkeln und Mastschweinen in den Lehr- und Versuchsställen werden sehr unterschiedliche Daten erfasst. „Wir haben routinemäßig erhobene strukturierte Daten wie Sauenplanerdaten oder Mast- und Schlachtdaten ", berichtet Riekert. „Dazu kommen weitere strukturierte Daten zur Haltungsumgebung wie Abteiltemperatur, Lüftungseinstellungen, Wasserdurchfluss oder Futterverbrauch. Außerdem unstrukturierte Versuchsdaten zum Tierverhalten, die uns unter anderem über 50 Videokameras liefern."
Digitale Vernetzung statt Insellösungen
Erfasst wurden diese Daten bisher mit Excel-Tabellen und Fachanwendungen – die Datenerfassung ist bisher nicht einmal überall digital. Im Projekt führen die Wissenschaftler diese heterogenen Daten in einer Datenplattform (Data Warehouse) zusammen.
Sie statten dafür den gesamten Stall mit WLAN aus und installieren Industriecomputer mit Touchscreens. Vorhandene externe Systeme, zum Beispiel Lüftungs- und Fütterungssysteme, binden sie ein. Das Ziel: Im papierlosen Stall entfallen manuelle Schritte, die Daten gehen ab sofort über die neue Eingabemaske direkt in die Datenplattform. „Die Dateneingabe wird so schneller und effizienter", erklärt Tobias Zimpel, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. „Es erfolgt vor Ort eine Plausibilisierung, und die Mitarbeiter können jederzeit auf das Infosystem zugreifen."
Durch die Vernetzung stehen die Daten dann für die Datenanalyse bereit. „Durch maschinelles Lernen kann das System in den vielfältigen Daten die Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen", erläutert Riekert. „Ziel ist es, bisher unerkannte Zusammenhänge abzuleiten und daraus Entscheidungshilfen und Prognosemodelle zu entwickeln, die dem Tierwohl, der Forschung und dem betriebsindividuellen Management zugutekommen."
Kontakt:
Martin Riekert, Universität Hohenheim | martin.riekert@uni-hohenheim.de | www.uni-hohenheim.de
Lifestyle | Essen & Trinken, 01.10.2019

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