Krieg und Kohle im Knax-Land

Unethische Geldanlagen

Die Sparkassen wollen die Bank in der Mitte der Gesellschaft sein. Trotzdem ignoriert ihre Fondsgesell­schaft Deka die gesellschaftlichen Debatten um Klimawandel und Rüstungsexporte. Mit öffentlichem Druck können wir alle dafür sorgen, dass unethische Geldanlagen aus den Fonds verschwinden.
 
Key Visual für die aktuelle Protestaktion von urgewald: 'Deka Investment: Raus aus Kohle und Rüstung!' © Collage: S.Z., rcfotostock, Aaron Amat – fotoliaMats droht der Klimatod. Die Nachwuchssparer sollen ihn retten. Als sie zusammen mit Eltern und Großeltern im Oktober 2018 in die Sparkasse KölnBonn kommen, dürfen sie Einsatz zeigen: „Rettet Eisbär Mats!", so der Aufruf. Es ist Weltspartag und die Sparkassen präsentieren sich mithilfe von Mats bundesweit als Banken der „Nachhaltigkeit". Nun ist er nur ein Plüscheisbär und die Rettungsaktion ein Malwettbewerb für Kinder. Doch die Geschichte von Klimaerwärmung und Eisbärsterben, die zieht. Was die Sparkassen nicht erzählen: Sie tragen selbst mit den von ihnen verkauften Fonds dazu bei, dass den Eisbären der Lebensraum wegschmilzt.
 
The Big Four
In der Welt der offenen Publikumsfonds, die besonders für Kleinanleger interessant sind, gehören die Sparkassen mit ihrer Fondsgesellschaft Deka Investment zu den vier großen Anbietern. Laut aktueller Investment-Statistik des deutschen Fondsverbands BVI hat Deka Investment mit einem verwalteten Netto-Fondsvermögen von mehr als 125 Milliarden Euro einen Marktanteil von über 16 Prozent. Damit spielt Deka in einer Liga mit den führenden deutschen Anbietern DWS, Allianz und Union Investment. Mit ihnen teilt sich die Sparkasse jedoch auch ein Problem: Die mangelnde Ethik bei ihren Investitionen. Eine Stichprobe der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald von Juni 2018 ergab: Die von Sparkassen angebotenen Deka-Fonds enthalten immer wieder Kohle- und Rüstungskonzerne. Hinter Fondsnamen wie „Deka-DividendenStrategie" oder „Deka-BasisStrategie Renten" verbargen sich unter anderem Kohlefirmen wie RWE, NTPC, Uniper oder Tauron, die mit ihren bestehenden und geplanten Kohlekraftwerken die Klimaziele der Weltgemeinschaft massiv gefährden. Die Fondsmanager hatten das Kundengeld auch in Rüstungskonzerne wie BAE Systems, Airbus und Rheinmetall investiert, die ihre tödlichen Produkte unter anderem an Kriegsparteien im Jemen liefern. Das bedeutet: Das Bild der netten, nachhaltigen Sparkasse, es hängt schief. Die Bank, die mit dem „Knax-Klub", Heile-Welt-Comics und Plüscheisbären Nachwuchssparer einfangen will, lässt ihre Kunden gleichzeitig in Krieg und Klimakrise investieren.
 
Ausschlusskriterien überprüfen
Interessanterweise schließt die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka andere umstrittene Sektoren bereits von Anlagen aus, zum Beispiel Hersteller von Landminen und Streumunition oder Spekulationen auf Grundnahrungsmittel. Ähnliche Ausschlüsse gibt es beim Konkurrenten der Genossenschaftsbanken, Union Investment. Bei DWS und der Allianz gibt es diese Ausschlüsse nur zum Teil. In allen Bereichen gab es in den vergangenen Jahren starke öffentliche Debatten, nachdem Recherchen von NGOs und Medienberichte die Rolle der Finanzindustrie transparent gemacht hatten.
 
Doch Konzerne, die die Klimakrise vorantreiben oder Rüstungsgüter in aktuelle Kriege liefern, werden bis heute nicht konsequent von Investitionen ausgeschlossen.
 
Dabei lehnen Verbraucher besonders Geschäfte mit Rüstungsgütern klar ab. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentrale Bremen, in der es um staatlich geförderte Rentenprodukte ging, ergab, dass 76 Prozent der Befragten für ein Verbot von Investitionen in die Waffen- und Rüstungsindustrie votieren. Laut jüngsten Umfragen ist zudem eine Mehrheit der Deutschen für einen raschen Ausstieg aus Kohle als Energieträger. Beides sind gesellschaftliche Wünsche, die die Fondsmanager von Deka und Co. offensichtlich noch nicht hören wollen.
 
Sparer haben es in der Hand
Ein 'Sparpanzer', gebastelt für eine urgewald-Protestaktion am 28.10.2016 vor der Stadtsparkasse Düsseldorf wegen der Beteiligung an einem Kredit für den Rüstungskonzern Rheinmetall. © urgewaldDie Beispiele Streumunition und Nahrungsmittelspekulationen zeigen aber, wie Verbraucher und NGOs das ändern können. Die Banken müssen spüren, dass es den Kunden ernst ist. Je häufiger ihre Bankberater die Frage nach Ethikregeln für die Fondsanlage hören, desto schneller bewegen sie sich. Schon jetzt bieten alle Fondsgesellschaften deshalb auch Nachhaltigkeitsfonds an, aber selbst diese enthalten mitunter hochumstrittene Firmen. Die Nachhaltigkeitsfonds „Deka Nachhaltigkeit Renten" und „Deka Nachhaltigkeit Balance" investieren laut Halbjahresbericht vom April 2018 in Kohlekonzerne wie Sumitomo und Vedanta – letzterer wurde vom Norwegischen Pensionsfonds schon vor Jahren wegen „schwerer Umweltzerstörung" ausgeschlossen. Die Fonds „Nachhaltigkeit Renten" und „Nachhaltigkeit Aktien" halten Anteile von Thyssen Krupp, obwohl der Konzern neben anderen Geschäften auch einer der weltweit führenden Hersteller von Kriegs-U-Booten ist und auf Platz 53 der größten Rüstungshersteller weltweit liegt.
 
Die meisten Sparer wissen nicht, was die Banken und Fondsanbieter mit ihrem Geld machen: „Ihnen ist nicht bewusst, dass ihr Geld auch in Unternehmen angelegt sein kann, die Kriegsländer mit Waffen beliefern oder die ungehemmt auf den Ausbau der Kohleindustrie setzen", sagt Kathrin Petz, Campaignerin bei urgewald. Ähnliche Erfahrungen haben Verbraucherschützer gemacht: „Viele Anleger kritisieren, dass ihr Kreditinstitut sie nicht aktiv auf nachhaltige Anlageprodukte hinweist", schreibt die Verbraucherzentrale NRW in einer Untersuchung aus dem Jahr 2016.
 
Das bedeutet, um genaues Nachfragen und Nachschauen kommen die Fonds-Kunden momentan nicht herum. Wenn sie ganz sicher gehen wollen, sollten sie nach Fonds der Nachhaltigkeitsbanken fragen, die in diesen Feldern strenge Ausschlusskriterien haben, ebenso zum Teil die Kirchenbanken und auf Ethik und Umweltschutz ausgerichtete Fondsanbieter. Zahlenmäßig spielen solche Aspekte bisher aber nur für einen kleinen Teil aller angebotenen Fonds eine Rolle, obwohl die Umfrage der Verbraucherzentrale Bremen zeigt, dass die Hälfte der befragten Geldanlagekunden ethische und ökologische Kriterien befürwortet.
 
Ohne mehr Angebote und Informationen durch die Banken wird die Nachfrage also auch nicht kommen. Sparkassen, Volksbanken und erst recht die Privatbanken müssen Investmentbereiche, die eine Mehrheit in der Gesellschaft klar ablehnt, schon von sich aus ausschließen, wollen sie ihre Glaubwürdigkeit bei Ethik und Nachhaltigkeit nicht völlig verlieren. Auf diesen Hebel setzt urgewald in einer aktuellen Kampagne zum Sparkassen-Fondsanbieter Deka. Auf der urgewald-Website können Interessierte gegen unethische Fonds-Investitionen unterschreiben und und auf www.dekaprotest.de mit mit wenig Aufwand Protest-Mails an ihre Sparkasse vor Ort schicken. So will ­urgewald den öffentlichen Druck erhöhen und die Sparkassen endlich wachrütteln. Auf dass im Knax-Land bald wirklich Frieden herrscht!
 
                                                           
Mit gutem Gewissen sparen und investieren
urgewald ist eine Umwelt- und Menschenrechtsorganisation mit Schwerpunkt auf Finanzwirtschaft. Sie geht direkt mit Verantwortlichen in Konzernen ins Gespräch und organisiert Protest von außen. In Broschüren und Studien zeigen die urgewald-Experten, wo das Geld von Banken, Versicherern und Investoren Umwelt zerstört und Menschenrechte gefährdet. Neben der aktuellen Kampagne zur Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment veröffentlicht urgewald regelmäßig Analysen zu den Geldgebern von Waffen- und Kohlekonzernen wie RWE und Rheinmetall und informiert Verbraucher über die Alternativen. Mehr Informationen dazu auf www.urgewald.org. Außer mit Spenden und Förderbeiträgen können Interessierte die Arbeit seit Kurzem auch als Stifter langfristig unterstützen. Die urgewald-Stiftung ist am 28. Januar 2019 gegründet worden.
 
Weitere hilfreiche Informationen zur ethischen Geldanlage
  • ECOreporter: Das Magazin informiert aktuell über nachhaltige Geldanlagen und gibt viele hilfreiche Tipps zum Thema. Mit dem „ECOreporter-Siegel" zeichnet die Redaktion nachhaltige Geldanlagen aus.
  • Finanztest/Stiftung Warentest: Sie veröffentlichen regelmäßig Tests zu Ethik- und Umweltschutzkriterien bei Finanzprodukten.
  • Verbraucherzentralen: Sie schaffen immer wieder durch Ver­braucherbroschüren und -umfragen Transparenz in verschie­denen Bereichen der Geldanlage, auch zu Fragen von Ethik und Umweltkriterien.
  • Facing Finance: Der Verein setzt sich für einen verant­wor­tungsbewussten Umgang mit Geld ein. Facing Finance gibt unter anderem den „Fair Finance Guide Deutschland" heraus, der in einer Übersicht zeigt, wie deutsche Banken bei sozialen und ökologischen Themen abschneiden.

Moritz Schröder-Therre 
ist Diplom-Journalist und hat mit Fokus auf Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsthemen für Medien wie das WDR-Fernsehen, enorm, natur, Tagesspiegel und Handelsblatt gearbeitet. Seit 2015 ist er Pressesprecher bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. Sein Credo: „Aus meiner Arbeit weiß ich, welchen entscheidenden Hebel Banken mit dem Geld ihrer Kunden in der Hand halten. Ohne Kredite, Versicherungen und Investitionen kann kein unethisches Konzernprojekt realisiert werden. Diesen Hebel möchte ich mit meiner Arbeit in Richtung Ethik bewegen, damit wir als Gesellschaft in die richtige Richtung gehen.

Lifestyle | Geld & Investment, 01.03.2019
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2019 - Time to eat the dog erschienen.
     
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