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Wertschätzung ist Wertschöpfung

Chancen für die Unternehmenskultur

Die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt werden einschneidend sein. Aber, wie uns die Geschichte immer wieder zeigt, birgt der Wandel immer auch Chancen. Chancen für einen Wandel der Unternehmenskulturen. Einen Wandel, weg von menschenunwürdig anmutenden Firmenkulturen, die sich ausschließlich der Gewinn-Maximierung verschrieben haben. Hin zu werteorientierten Unternehmenskulturen, die sich eher mit Sinn-Maximierung beschäftigen. Kulturen, die die besonderen Qualitäten, Eigenschaften und Interessen der Menschen tatsächlich in den Mittelpunkt stellen. Und dabei humane, ökologische und ökonomische Bedürfnisse in Einklang bringen. Wie aber kann das gelingen?

© PixabayIm Jahr 2060 wird es in Deutschland zwischen 23 und 30 Prozent weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren geben als heute. Das sind zwischen 11 und 15 Millionen weniger Menschen, die unsere Wirtschaft am Laufen halten sollen. Und die gleichzeitig die Pensions- und Rentenansprüche einer stetig wachsenden Anzahl an immer älter werdenden Menschen tragen soll. Das heutige System wird das nicht leisten können. Es muss sich etwas ändern.

Die Generation Y und Z
Die Generationen Y (Jahrgang 1981 - 1998) und Z (ab 1999) rufen schon heute nach einer Kulturänderung. Sie wollen Austausch auf Augenhöhe, Kooperation statt Ellenbogen, selbstbestimmtes Arbeiten und eine sehr gute Führung. Und darüber hinaus auch Antworten auf die Fragen: „Why? Was ist der Sinn meiner Arbeit? Was trägt meine tägliche Arbeit zum besseren Gelingen der Welt bei?"

Salutogenese und die Gallup Studien 2016
Schauen wir uns einen Teil der Ergebnisse der Gallup Studien 2016 an. Die Top 5 Empfehlungen an Arbeitgeber, um ihre Mitarbeiter emotional zu binden, lauten wie folgt:
  1.  Gib Deinen Mitarbeitern die Möglichkeit, das zu tun, was Sie richtig gut können.
  2. Wähle die richtigen Führungskräfte aus und fördere diese.
  3. Biete Deinen Mitarbeitern herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeiten.
  4. Sorge für eine harmonische Mannschaft mit passenden Kolleginnen und Kollegen.
  5. Entwickle eine sinnstiftende Unternehmensphilosophie.
Die vorgenannten Empfehlungen sind offensichtlich ganz wesentliche Faktoren, um gesunde Unternehmen zu gestalten, die aus gesunden Menschen „bestehen". Was aber gehört noch dazu? Aaron Antonovsky, Professor der Soziologie und Stressforscher hat sich darüber Gedanken gemacht und den Begriff der Salutogenese geprägt. Antonovsky hat es auf den Punkt gebracht. „Wer sein (Berufs-)Leben als sinnvoll erlebt, als eingebettet in ein größeres Ganzes, ist psychisch und körperlich resistenter." Ist es angesichts stetig steigender Burn-out Raten nicht genau das, was wir in den Unternehmen brauchen? Sinnhaftigkeit des Schaffens als Grundlage von erfüllenden Arbeitstagen?

Achtsamkeit und Wertschätzung
Was also braucht es, um diesen Weg einzuschlagen? Zunächst einmal Achtsamkeit. Irgendwie spüren wir ja alle, im Hamsterrad rennen und dieses während des Rennens immer weiter zu beschleunigen führt uns weder zu Glück, noch zu Gesundheit. Aber das muss uns erst einmal bewusst werden. Und dazu braucht es eben Achtsamkeit. Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst und im Umgang mit anderen Menschen. Achtsamkeit wiederum ist die Voraussetzung für echte Wertschätzung. Denn diese entspringt einer den Menschen zugewandten Haltung. Wertschätzung ist verbunden mit Respekt und Wohlwollen, drückt sich in Interesse, Zugewandtheit und Freundlichkeit aus. Und deckt Stärken, Qualitäten und Erfolgsfaktoren im Anderen auf. Und wo fängt das an? Bei uns und in uns.

Appreciative Inquiry – Wertschätzende Erkundung
Mitte der 80er-Jahre entwickelten Dr. Cooperrider und Dr. Srivastva an der Case Western Reserve University in Ohio einen Prozess, der die vorgenannten Themen in besonderer Weise berücksichtigt. Den AI-Prozess (Appreciative Inquiry) oder „Wertschätzende Erkundung". AI ist eine werteorientierte Methode, die darauf ausgerichtet ist, zunächst die besonderen Stärken, Qualitäten und Erfolgsfaktoren von einzelnen Menschen, Teams und ganzen Unternehmen zu entdecken, um anschließend auf Basis dieser bereits vorhandenen Qualitäten eine sinnhafte Zukunftsausrichtung zu kreieren. Diese Zukunft wird über gut formulierte Leitsätze fixiert, um sie dann mit viel positiver Schaffenskraft tatsächlich entstehen zu lassen. Die Methode stellt all das Positive, das was alles schon da ist, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Sie verbindet Menschen und richtet sie auf eine gemeinsame, sinnerfüllte und gesunde Zukunft aus.

Der technologische und demographische Wandel stellt uns gerade in Deutschland vor ungeheure Herausforderungen. Ganze Berufe und viele traditionelle Arbeitsplätze werden wegfallen. Aber auch viele neue entstehen. Die Anzahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter sinkt ständig. Umso wichtiger wird es, diese wenigen Arbeitskräfte genau dort einzusetzen, wo sie ihre besonderen Qualitäten und Stärken einsetzen können. Das erfordert eine andere Art der Führung. Achtsam und wertschätzend. Und andere Unternehmenskulturen, die eine umfassendere Sinnhaftigkeit der täglichen Arbeit beinhalten und leben. Die Methode der „Wertschätzenden Erkundung" – Appreciative ­Inquiry – dient dazu, genau diese Themen zu adressieren und humane, ökologische und ökonomische Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Einige Hidden Champions haben den Wandel bereits erfolgreich vollzogen.
 
Bernward Clausing, VDI – Dipl.-Ing (FH) ist als Berater, Trainer und Coach tätig und hat einen Lehrauftrag an der TH Ingolstadt. Als Ingenieur und Gründer von bc-quadrat verbindet er dabei die Faszination für Technik mit seiner Leidenschaft für die Entfaltung und Entwicklung von Menschen und Organisationen und deren Potenzialen. Mit dem AI-Prozess als eine der wesentlichen Grundlagen begleitet er Unternehmen in deren Transformationsprozess.

Gesellschaft | Social Business, 01.09.2018
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/03 2018 - Wasser - Grundlage des Lebens | Bildung erschienen.
     
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