Damit Geld wirklich nicht stinkt:

Finanzprodukte brauchen Label

Nachhaltige Label wie Demeter verleihen Produkten Glaubwürdigkeit und zeigen Verbrauchern, was sie guten Gewissens kaufen können. Nun will auch die Finanzbranche Qualitätslabel für nachhaltige Finanzprodukte einführen.


Grünes Geld: Qualitätslabel auch für Finanzanlagen
© VRD - Fotolia.com
Nicht nur Verbraucherschützer und Politiker fordern immer häufiger Qualitätslabel für Finanzanlagen. Auch Finanzberater suchen nach Orientierung und damit nach Mindeststandards, die Basis für nachhaltige Geldanlagen sein können. Denn bei nachhaltigen Finanzprodukten geht es um mehr als Geld, was sie komplexer macht. Neben klassischen finanziellen Auswahlkriterien wie Unternehmensergebnis und Bilanzentwicklung sehen nachhaltige Investments auch ökologische, soziale oder ethische Aspekte vor. Gibt es ein Umweltmanagementsystem im Unternehmen, spielt bei der Herstellung von Produkten die Ökobilanz eine Rolle, wie zufrieden sind Mitarbeiter, beachten Zulieferer Menschenrechtsstandards? Produktanbieter verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze wie "Best-in-Class" oder das Arbeiten mit Ausschlusskriterien. Der "Best-in-Class"-Ansatz nimmt die jeweils nachhaltigsten Unternehmen eines jeweiligen Sektors in das Anlageuniversum auf. Im Bereich der Konsumgüter mit Schwerpunkt Drogerie, Kosmetikgüter oder Industriekleber zählt beispielsweise die Henkel AG zu den am besten bewerteten nachhaltigen Unternehmen. Ausschlusskriterien, weil gesellschaftlich nicht akzeptabel, sind Waffen, Tabak, ausbeuterische Kinderarbeit oder Kernkraft.

Investoren wollen Transparenz im Portfolio

Mittlerweile belaufen sich die Anlagevolumen in den nach Nachhaltigkeitskriterien gemanagten Finanzprodukten nach Angaben des jüngsten Marktberichts des Fachverbandes Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) auf gut 120 Mrd. Euro im deutschsprachigen Raum. Damit stecken nachhaltige Finanzprodukte diese Assetklasse immer noch in der Nische, denn sie halten aktuell nur 1,3 Prozent aller "Assets under Mangement". Dennoch integrieren immer mehr Kapitalanlagegesellschaften ökologische oder soziale Kriterien in ihre Portfolioauswahl, so dass ein Mindeststandard immer wichtiger wird. Denn für Investoren stehen Glaubwürdigkeit und Transparenz an oberster Stelle.

Nationale oder internationale Standards, wie der Deutsche Nachhaltigkeitskodex oder der UN Global Compact, bei dem sich die Unternehmen verpflichten, nachhaltige Ansätze zu integrieren, sind wichtig, um die Berichterstattung analysierter Unternehmen im Umwelt- und Sozialbereich zu verbessern. Damit dokumentieren die Produktanbieter, an welchen Standards sie sich bei der Auswahl für ihre Anlageportfolien orientieren. Aber auch auf Seiten der Investoren gibt es Verpflichtungen zum verantwortlichen Investieren. Ein Beispiel sind die "Principles for Responsible Investments der Vereinten Nationen" (UNPRI). Demnach dürfen die Unterzeichner, wie die Münchener Rück, nur dann in Produkte investieren, wenn Produktanbieter ökologische und soziale Kriterien sowie eine einwandfreie Unternehmensführung in Investmentanalysen und Entscheidungsfindungsprozessen abbilden.

Transparenzlogo und Nachhaltigkeitsprofil reichen nicht

Investments mit Sinn und Verantwortung sind im Trend, bedürfen aber dringend der Transparenz und Glaubwürdigkeit, um auf stärkere Nachfrage zu stoßen. Zu groß ist die Furcht der Investoren, ein nachhaltiges Finanzprodukt zu halten, das etwa in einen Konzern wie BP investiert, der vor zwei Jahren den Golf von Mexiko verseucht hat.

Bereits 2008 hat das FNG daher zusammen mit dem europäischen Dachverband für verantwortungsvolles Investieren - Eurosif - das "Transparenzlogo" auf den Markt gebracht. Fondsgesellschaften können es für ihre Finanzprodukte beantragen, wenn sie den Transparenzkodex akzeptieren, der unter anderem Nachhaltigkeit aus Sicht des Anbieters definiert, den Investmentprozess offen legt oder Sanktionen bei Verstößen gegen die Nachhaltigkeitsprinzipien enthält.

Auf dem Transparenzlogo baut auch das seit Mitte 2012 veröffentlichte Nachhaltigkeitsprofil für Fondsprodukte auf. Auch Institutionen wie yourSRI, nachhaltiges-investment.org, ecoreporter.de oder auch der finance & ethik research (FER) beschäftigen sich damit, Transparenz bei nachhaltigen Geldanlagen zu schaffen. Allerdings sagen Transparenzlogo und Nachhaltigkeitsprofil nichts über die Qualität des Produktes oder die Leistungsbilanz des Anbieters im Bereich Nachhaltigkeit aus.

Der Finanzmarkt braucht ein Qualitätslabel

Um Glaubwürdigkeit für nachhaltige Geldanlagen zu schaffen und dem Markt noch mehr Schubkraft zu verleihen, ist ein Qualitätslabel oder ein Rating für nachhaltige Finanzprodukte nötig. Wichtig ist, dass eine unabhängige Institution, die von den Marktteilnehmern akzeptiert wird, Label und Rating vergibt. Dafür würde sich etwa eine Stiftung eignen.

In Österreich zertifiziert bereits das Umweltzeichen (Richtlinie UZ 49) im Finanzbereich ethisch orientierte Projekte und Unternehmen, die Gewinne durch nachhaltige Investitionen erzielen. Finanzprodukte mit dem Umweltzeichen dürfen nicht in Unternehmen investieren, die Atomkraft oder Rüstungsgüter produzieren oder damit handeln. Das Umweltzeichen ist die Voraussetzung dafür, dass österreichische Pensionskassen in diese grünen Fondsangebote investieren dürfen.

Initiativen, die an Qualitätslabeln arbeiten

In Deutschland haben sich ebenfalls Initiativen gebildet, die ein Qualitätslabel oder Rating schaffen wollen. Alle Initiativen verfolgen das Ziel, einen Mindeststandard für nachhaltige Finanzprodukte zu schaffen. So hat beispielsweise die Plattform Sustainability Intelligence Ltd. eine Methode entwickelt, die die Nachhaltigkeit von Investments vollumfänglich aus den Aspekten ökonomische, ökologische, soziale und ethische Nachhaltigkeit erfasst. Sie betrachtet die vier Aspekte - kurz Ö²SE genannt - aus jeweils zwei Fundamentalansichten: Entropie und Pareto-Optimum. Bei der Entropie werden Prozesse bzw. Aktivitäten analysiert und daraufhin beurteilt, welche Potenziale im Bereich Nachhaltigkeit noch bestehen. Das Pareto-Optimum blickt auf die Strukturen, die das Investment beeinflussen kann. Das vereinigt die Betrachtungsweise aus allen Bereichen der Nachhaltigkeit und ermöglicht eine klare und fundierte Bewertung.

Die internationale Rating-Stiftung CARLO Foundation verfolgt ebenfalls einen ganzheitlichen Ansatz. Sie analysiert neben finanzieller, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit zusätzlich die Leistungsbilanz, also die Erfahrung des Produktanbieters im Nachhaltigkeitsbereich. Zudem beleuchtet sie die Qualität der Produktpartner und wie sie die Prozesse des Nachhaltigkeitsprodukts analysieren und bewerten. Das FNG konzentriert sich auf die Beurteilung der ökologischen und sozialen Qualität der nachhaltigen Finanzprodukte. Auch hier stehen neben Ausschlusskriterien Prozessabläufe im Vordergrund.

Das kommende Jahr wird daher spannend. Die Verbraucherschutzminister aus Bund und Ländern haben bereits ein Label für nachhaltige Geldanlagen eingefordert. Nun treffen die beschriebenen Ansätze aufeinander. Sie diskutieren, wer Träger eines nachhaltigen Finanz-Labels sein kann - die Unabhängigkeit des Trägers steht dabei im Vordergrund. Allerdings können weder Label noch Ratings die Verantwortung für den Investor übernehmen, die eigene Sicht auf Nachhaltigkeit zu klären. Letztendlich sind Label nur Orientierungshilfen, die den Investor nicht davon entbinden, sich intensiv mit dem Investment auseinanderzusetzen.
 
 
Von Volker Weber
 
 
 
 

Im Profil

Der Nachhaltigkeitsexperte Volker Weber ist Mitglied im Kuratorium von forum Nachhaltig Wirtschaften und Vorsitzender des Forums nachhaltige Geldanlagen. Hauptberuflich ist er Vorstand für Nachhaltigkeit der MAMA Sustainable Incubation AG und ehrenamtlicher Geschäftsführer der CARLO Foundation. Nachhaltigkeit im Finanzmarkt zu etablieren, ist ihm eine wichtige Angelegenheit.
 

Zum Weiterlesen:

Dient Geld dem Menschen oder beherrscht es ihn?

Land ist Geld

Quelle:
Lifestyle | Geld & Investment, 21.10.2013
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2013 - Hallo Klimawandel erschienen.
     
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