Zwangsarbeit für Modemarken

Alamierende Ergebnisse im aktuellen Forschungsbericht von SOMO und ICN, den niederländischen Partnerorganisationen der Clean Clothes Kampagne

Wien - Im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu schuften zigtausende junge Mädchen in zwangsarbeitsähnlichen Verhältnissen. Für das Versprechen von guter Bezahlung, bequemer Unterkünfte und Geld für ihre Mitgift verpflichten sie sich als Arbeitskräfte bei Textil- und Bekleidungsfabriken. Dort erwarten sie elende Lebens- und Arbeitsbedingungen. Sowohl Diskonter wie NKD, als auch Unternehmen wie C&A und Markenfirmen wie, u.a. Diesel, Quiksilver, Ralph Lauren und Timberland beziehen Waren von Fabriken, die diese Mädchen beschäftigen. So die Ergebnisse des aktuellen Forschungsberichts von SOMO und ICN, niederländischen Partnerorganisationen der Clean Clothes Kampagne.

Arbeiterin auf Rollschuhen
Foto: © Alessandro Brasile
Falsche Hoffnung auf Weg aus der Armut

"Sumangali Programm" wird die systematische Anwerbung von jungen, unverheirateten Mädchen aus armen Familien genannt. Von so genannten "Brokern", Vermittlern, wird den Familien angeboten, ihre Töchter an Bekleidungsfabriken zu vermitteln. Dort würden sie gutes Gehalt, Kost und Logis und weitere Ausbildungsmöglichkeiten bekommen. Zusätzlich wird ihnen nach Ablauf von drei bis fünf Dienstjahren eine Geldsumme von bis zu 860 Euro versprochen. Diese benötigen die Mädchen für ihre Mitgift. Während der drei Jahre sollen sie zudem mit monatlichen 14 bis 54 Euro entlohnt werden. Viele Familien sehen dies als einzige Chance eine Mitgift für die Heirat ihrer Töchter aufbringen zu können.

24-Stunden-Schichten und ständige Beobachtung

Die Realität sieht allerdings anders aus, wie zahlreiche Interviews mit Betroffenen aus vier Fabriken beweisen. Ist ein Vertrag unterzeichnet, werden die Mädchen zu den Fabriken gebracht und in Baracken einquartiert. Sie sind umgeben von Zäunen. Das Gelände dürfen sie einmal im Monat unter Aufsicht verlassen. Besuche der Eltern werden nur gegen Vorlage eines Fotos erlaubt. Anrufe sind beschränkt und werden streng überwacht. Je nach Auftragslage werden die Mädchen gezwungen bis zu 16 Stunden, in Produktionshochzeiten sogar bis zu 24 Stunden am Stück zu arbeiten. Wer Fehler macht wird von den Aufsehern angebrüllt und sogar geschlagen. Auch von sexuellen Übergriffen wurde in Interviews berichtet. Aus einer von der Katholischen Frauenbewegungen Österreichs (kfb) 2011 durchgeführten Studie geht hervor, dass 18% der betroffenen Mädchen jünger sind als 15 Jahre, 60% sind zwischen 15 und 18 Jahre alt. Unter den vorherrschenden schlechten Bedingungen wird die Beschäftigung von Mädchen dieses Alters von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als Kinderarbeit bezeichnet.

Zwangsarbeit und Selbstmorde

Wenn die Mädchen durch Unfälle arbeitsunfähig werden, durch die hohe Staubbelastung in den Fabriken oder vor Erschöpfung erkranken, werden sie fristlos und ohne jegliche Zahlungen entlassen. Viele, die die vereinbarten Dienstjahre annähernd erfüllt haben, werden mit dem Vorwand von Kleinigkeiten entlassen und verlieren so den Anspruch auf die versprochene Geldsumme. Wer mehr als einmal innerhalb von 26 Tagen fehlt, muss diese nach dem Ablauf der vereinbarten Dienstjahre "nacharbeiten".
Diese Verhältnisse haben Berichten des "Tirupur People's Forum for Protection of Environment and Labour rights (TPF)" zufolge in den letzten zwei Jahren über 100 Mädchen in den Selbstmord getrieben.

"Der tamilische Begriff "Sumangali" bezeichnet eigentlich eine glücklich verheiratete Frau - in der Bekleidungsindustrie wird er zum Synonym für menschenunwürdigste Ausbeutung. Unternehmen müssen gegen die Missstände vorgehen. Kein einziges T-Shirt ist eine solche Tragödie wert!" zeigt sich Michaela Königshofer von der Clean Clothes Kampagne empört.




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Quelle:
Lifestyle | Mode & Kosmetik, 02.05.2012

     
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