Das Jahrhundert der nachhaltigen Entwicklung

Integriertes Roadmapping und Sustainable Value als Methoden zur Durchsetzung nachhaltiger Innovationen

Für die Entwicklung und Operationalisierung nachhaltiger Unternehmenskonzepte haben wir am IZT Berlin zwei Methoden entwickelt: Integriertes Roadmapping und Sustainable Value. Das zentrale Ziel beider Methoden sind Win-Win-Win-Strategien in doppelter Hinsicht: Erarbeitung von ökonomischen, ökologischen und sozialkulturellen Gewinnen sowie gleichzeitige Erwirtschaftung von Gewinnen für das Unternehmen, die Volkswirtschaft und die Allgemeinheit durch Ressourceneffizienz und -schonung sowie bessere Umwelt-, Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsbedingungen.

Für die Umsetzung nachhaltiger Unternehmenskonzepte bedarf es nicht nur einer Idee. Integriertes Roadmapping und Sustainable Value liefern Ansätze zu ihrer Untersuchung und Entwicklung.
Foto: © Stephanie Hofschläger, pixelio.de

Es hat sich - nach 30 harten Jahren - endlich erwiesen und allmählich herumgesprochen, dass Ökonomie und Ökologie keine Gegensätze sind, sondern sich in einer Welt der endlichen Ressourcen und verletzbaren Ökosysteme gegenseitig bedingen. Dass vernünftiges ökonomisches, ökologisches und soziales Handeln zusammengeht, beweist heute in geradezu klassischer Weise die Solarwirtschaft, die auf die Kraft der Sonne und die Effizienz moderner Wissenschaft und Technologie aufbaut. Auch die zahlreichen guten Beispiele erfolgreicher Kreislaufwirtschaft, in der die Wertstoffe und Ressourcen in die gleiche qualitativ hochwertige Produktion von Geräten oder Gebrauchsprodukten zurückgeführt werden, beweisen, dass nachhaltiges Wirtschaften möglich ist. Um noch schneller zum Ziel zu kommen, benötigen wir aber auch noch mehr Einsicht und Vernunft für ein ressourcensparendes Nachfrage- und Verbraucherverhalten in den Verbrauchssektoren Industrie, Haushalte, Dienstleistungen und Verkehr.

Erfreuliches Engagement für Zukunftskonzepte
Durch die guten Beispiele nachhaltig operierender Unternehmen ist die These der Mainstreampolitik und -wirtschaftswissenschaften widerlegt, dass die Unternehmen erst große Gewinne machen müssten, um mit diesen dann die Folgeschäden des überdimensionalen Ressourcen- und Energieverbrauchs fossiler und nuklearer Energieerzeugung reparieren zu können. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass kein Gewinn dafür ausreichen würde. Zahlreiche Folgen wie die Vernichtung von Pflanzen- und Tierarten, massive Klimaveränderungen und radioaktive Verseuchungen sind überhaupt nicht reparierbar, sondern schlichtweg irreversibel.
In den letzten Jahren verzeichnen wir erfreulicherweise ein zunehmendes Engagement der Wirtschaft für nachhaltige Zukunftskonzepte. Heute gibt es bereits in fast allen Wirtschaftsbranchen kleine, mittlere und große Vorreiter-Unternehmen, die die Leitziele der nachhaltigen Entwicklung angenommen haben und hieran sowohl ihre langfristigen Ziele als auch die mittelfristigen Strategien und Maßnahmen ausrichten. Zahlreiche Nachhaltigkeitsberichte solcher Pionierunternehmen künden von den großen Innovationskräften, die in der Wirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeit mobilisierbar sind. Vor diesem Hintergrund haben wir am IZT Berlin die wichtigsten internationalen Zukunftsstudien, Technikanalysen und -prognosen ausgewertet und herausgearbeitet, welche Schlüsseltechnologien und Innovationsfelder im Sinne der nachhaltigen Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten von besonderer Relevanz sind.
Welche Instrumente sind für den nachhaltigen Einsatz der prinzipiell leistungsfähigen Zukunftstechnologien im Sinne von Ressourceneffizienz und -management geeignet? Unsere Antwort: Das Integrierte Roadmapping und die Sustainable-Value-Methode.

Foto: © Brandtmarke, pixelio.de

Integriertes Roadmapping
Hintergrund des Integrierten Roadmappings sind die sich maßgeblich verändernden Innovations- und Produktionsbedingungen. Für die Unternehmen bargen diese Veränderungen zwar gewisse Unsicherheiten, eröffneten aber zugleich große Entwicklungschancen. So konnten mittel- und langfristige Zukunftsperspektiven in der Produktion und im Dienstleistungsbereich im Kontext künftiger Kundenanforderungen aufgezeigt, technologische Antworten auf sozio-ökonomische Trends und gesellschaftliche Zukunftsherausforderungen identifiziert und sozial-ökologisches Orientierungswissen für die strategische Gestaltung von Innovationsfeldern und -chancen bereitgestellt werden.
Speziell für Unternehmenskooperationen und Verbände wurden Leitfäden zur Erstellung einer "Integrated Roadmap" verfasst. Generell bezeichnet Roadmapping einen Suchprozess, der Darstellungen über den Stand der Umfeldbedingungen, Produkte, Produktion, Dienstleistungen, Märkte, Kundenwünsche, Innovationsperspektiven sowie möglicher Zukunftstechnologien und Ressourceneffizienz zur Stärkung der Wettbewerbssituation hervorbringt. Die Bedeutung des Roadmapping liegt in der Bündelung dieser Einzelthemen, dem Identifizieren von Handlungsoptionen und dem Setzen von Prioritäten. So werden mögliche Zukunftstechnologien in einem Innovationskontext gebündelt und in Aktivitäten, Anforderungen und Meilensteine überführt. Der Hauptnutzen ist die Bereitstellung mittel- bzw. langfristigen Orientierungs- und Handlungswissens für Unternehmensstrategien, Produktions- und Dienstleistungsentwicklungen.

Sustainable Value
Herausforderungen für Unternehmen liegen bekanntlich darin, ihre wirtschaftlichen Interessen so durchzusetzen, dass sie kurz-, mittel- und langfristig die Nachfrage bedienen und auf dem Markt erfolgreich sind. Immer mehr steht auch die Forderung im Zentrum, mit den vorhandenen Ressourcen nachhaltig im Sinne generationsübergreifender Gerechtigkeit umzugehen. Die zu berücksichtigenden Ressourcen umfassen Rohstoffe, Energie, Fläche, Wasser, Transportleistungen, Schadstoffverbringung, Werkstofferhaltung etc.. Sowohl im gesamtgesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen, als auch im Unternehmensinteresse soll die Aufgabe nachhaltigen Wirtschaftens sein, die Umwelt- und Sozialleistungen zu optimieren und mit ökonomischem Erfolg zu verbinden.
Der Sustainable-Value-Ansatz ist der erste wertbasierte Ansatz zur Messung und Steuerung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen. Er misst den Einsatz von Ressourcen genau so, wie Unternehmen heute den Kapitaleinsatz bewerten. Zur Berechnung des Sustainable Value eines Unternehmens wird die Ressourcen- oder Materialproduktivität des Unternehmens mit der eines Benchmarks (Vergleichsgruppe) verglichen:
  1. Wie effizient setzt das Unternehmen seine Ressourcen ein?
  2. Wie effizient setzt der Benchmark die Ressourcen ein?
  3. Setzt das Unternehmen seine Ressourcen effizienter ein als der Benchmark?
  4. Welche Ressourcen setzt das Unternehmen wertschaffend ein und welche nicht?
  5. Wie viel Sustainable Value schafft ein Unternehmen?

Sustainable Value entsteht immer dann, wenn das Unternehmen seine Ressourcen effizienter im Sinne der Steigerung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsziele einsetzt als der Benchmark.

Gewinnen durch Nachhaltigkeit
Der große Vorteil im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung und Produktion in den Unternehmen besteht bei Anwendung des Sustainable-Value-Ansatzes und des Integrierten Roadmappings vor allem darin, dass alle Bereiche des Unternehmens in den Prozess der Nachhaltigkeit einbezogen werden. Nicht mehr nur die Umwelt- und Sozialbeauftragten des Unternehmens, die häufig ohnehin nur ökologische und soziale Feigenblätter sind, werden in die nachhaltigen Produktionen und Dienstleistungen einbezogen, sondern alle relevanten Unternehmensbereiche und Entscheider - vom Einkauf über die Forschung und Entwicklung, das Strategie- und Finanz-Management, das Marketing, die Kundenbetreuung usw..
Ich selbst bin sicher, dass das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der nachhaltigen Entwicklung und der Ressourceneffizienz werden muss. Nur durch konsequente Ressourcenschonung und nachwachsende Rohstoffe sowie den Einsatz von erneuerbaren Energien lassen sich die enormen Nachfragezuwächse nach Produkten, Dienstleistungen und Energie weltweit mit der Erhaltung der Biosphäre, der Verwirklichung eines effektiven Klimaschutzes und einer für alle Menschen akzeptablen Lebensqualität in Einklang bringen. Wenn das 20. Jahrhundert das Jahrhundert der Steigerung der Arbeitsproduktivität war, dann muss das 21. Jahrhundert das der Ressourcenproduktivität und der nachhaltigen Ökonomie werden.
 
Von Prof. Dr. Rolf Kreibich, Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT)

Quelle:
Umwelt | Ressourcen, 01.09.2011

     
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