Forschungsprojekt lotet Einsparpotenzial aus

Klimaschutz in der Schulküche lohnt sich – auch finanziell

Millionen Schulessen werden täglich aufgetischt, und mit dem Ausbau der Ganztagsschulen werden es immer mehr. Aber wie steht es um die Bedeutung für den Klimaschutz?
 
Das KEEKS-Projekt führte bereits fünfzig Fortbildungen für das Personal von Schulküchen durch. © IZT / Carolin TietzDen wenigsten ist bewusst, dass unsere Ernährung einen erheblichen Beitrag zu den Treibhausgas-Emissionen leistet: Mehr als 13 % aller Treibhausgase beruhen auf unserer Ernährung, so das Umweltbundesamt. Das Forschungsprojekt "KEEKS - Klimafreundliche Schulküchen" hat sich des Themas angenommen und bringt erstaunliche Ergebnisse zu Tage: Jedes Essen in der Schule ist mit rund 1.000 g CO2-Äquivalenten verbunden - obwohl die Mahlzeit doch nur 300 g wiegt.
 
Maßvoll essen wie früher
Eine Reduktion des Fleischverzehrs hilft zweifellos dem Klima. Dabei müssen jedoch nicht gleich alle zu Vegetariern oder Veganern werden. Ein maßvoller Konsum von Tierprodukten auf dem Niveau unserer Urgroßeltern zu Beginn des 20. Jahrhunderts würde die Klimalasten unserer Ernährung bereits deutlich verringern. Wenn hiermit gleichzeitig ein Wandel hin zu einer stärkeren Wertschätzung von Lebensmitteln und geringeren Lebensmittelabfällen einhergeht, ist noch mehr getan.
 
Klimarelevante Emissionen im Ernährungssektor
Treibhausgas-(THG)-Emissionen aus der Landwirtschaft wie etwa Methan aus der Verdauung von Rindern, Lachgas aus der Düngung oder das Kohlendioxid aus Dieselabgasen der Traktoren und Mähdrescher machen gut die Hälfte (52 Prozent) der deutschen Klimalasten im Ernährungssektor aus. Knapp die andere Hälfte der ernährungsbedingten THG-Emissionen entfällt auf Prozesse der Verarbeitung, Verteilung, Zubereitung und Entsorgung.
 
Analysiert man die klimarelevanten Emissionen aus der Landwirtschaft nach der Art der produzierten Lebensmittel, so wird klar: Die landwirtschaftliche Produktion tierischer Produkte (Fleisch, Milchprodukte, Eier) ist für 44 Prozent der klimarelevanten Emissionen im Ernährungssektor verantwortlich, die Produktion pflanzlicher Lebensmittel - die mengenmäßig den größeren Teil der Zutaten ausmachen - jedoch nur für 8 Prozent. Somit ist die Frage, WAS wir essen, einer der Knackpunkte des Klimaschutzes auf dem Teller.
Regionales Gemüse aus Treibhäusern: suboptimal
Wichtig ist bei vielen Lebensmitteln auch, WO und WANN sie produziert wurden. So hat die importierte Spaghettisauce aus spanischen Freilandtomaten eine deutlich bessere Klimabilanz als die in Deutschland produzierte Pastasauce, bei der die Tomaten aus beheizten Treibhäusern der Region stammen.
Weitere Möglichkeiten stecken zum Beispiel in der digitalen Optimierung der Lieferketten. Im besten Fall werden die besonders energieintensiven Tiefkühl-Kapazitäten eingespart und frische Zutaten dahin gebracht, wo sie gerade benötigt werden.
 
Gerade die Außer-Haus-Verpflegung birgt Potenziale für den Klimaschutz
Der ungebrochene Trend zur Außer-Haus-Verpflegung nimmt zum einen den EndverbraucherInnen ein Stück weit die Kontrolle über ihr Essen. Auf der anderen Seite stehen allerdings Effizienzpotenziale und die Möglichkeit, Küchenpersonal zu befähigen, gesundes Essen klimafreundlich und nachhaltig zuzubereiten.
 
Schulkinder im Fokus des Projektes – 22 klimarelevante Maßnahmen ermittelt
Am 7.11.2018 schulte in München der Koch Serkan Tunca Personal aus Schulküchen sowie ernährungsbewusste MünchnerInnen darin, mit pflanzlichen Zutaten zu kochen. © IZT / Carolin TietzDas KEEKS-Projekt versucht, hier einen Anfang zu machen und widmet sich vorausschauend den Essern von Morgen: unseren Schulkindern. Die an KEEKS beteiligten WissenschaftlerInnen untersuchten typische Schulküchen, in denen täglich frisch gekocht wird, um zu ermitteln, welche Maßnahmen hier mit möglichst geringem Aufwand die größten Potenziale für den Klimaschutz in der Ernährung freisetzen können. Ein Katalog von 22 Maßnahmen wurde in einem Praxistest durch genaue Energieverbrauchsmessungen, Dokumentation der Speisepläne und Rezepturen sowie der Küchenorganisation ermittelt.
 
Die sechs wichtigsten Maßnahmen in Schulen
Die folgende Auswahl von sechs Maßnahmen sollte nach Ansicht der Projektbeteiligten als "Beitrag der Schulen und der Gemeinschaftsverpflegung” in eine nachhaltige und klimafreundliche Ernährungswende eingebracht werden:
 
Variation der Zutaten
1. Einhalten des Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von maximal zwei Fleischgerichten pro Woche
2. Gleichzeitig sollte der Fleischanteil in den fleischhaltigen Gerichten reduziert werden, wobei im Gegenzug der Proteingehalt eines Gerichts durch eiweißreiches Gemüse und weitere pflanzliche Alternativen erhöht werden kann.
 
Küchentechnik
3. Ersatz zu groß dimensionierter Konvektomaten (Back- & Gar-Geräte), energiefressender Kühlgeräte und anderer Kochgeräte
4. Energiesparende Nutzung der Spülmaschinen
 
Organisation und Bildung
5. Kurzfristige Möglichkeit zur Ab- und Nachbestellung von Mittagessen mit individueller Menügröße und pädagogische Essensbegleitung in der Grundschule
6. Pädagogische Einbindung des Themas Nachhaltige Ernährung
 
Vorbehalte gegen die Vorschläge aus der Wissenschaft
Diese und weitere KEEKS-Maßnahmen konnten in den betreuten Schulküchen schon zu signifikanten THG-Reduktionen führen.
Aber wie sieht das in der wirklichen Welt aus, bei Schulen und Schulküchen, die nicht längerfristig ins Projekt eingebunden oder besonders an klimafreundlicher Ernährung interessiert sind? Hierzu haben wir Praktiker, Verantwortliche aus Verwaltung, Bildung und Politik sowie WissenschaftlerInnen der Schulverpflegung befragt.
 

Was Hänschen nicht lernt…

Auf der Weltklimakonferenz in Katowice im Dezember erhalten zwei Initiativen für klimafreundliche Schulernährung den UN-Klimaaktionspreis
 
Über eine offizielle Auszeichnung auf der nächsten Weltklimakonferenz dürfen sich freuen: Das hier beschriebene Forschungsprojekt "KEEKS – Klimafreundliche Schulküchen" (koordiniert vom IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung) sowie die Initiative "Aktion Pflanzen-Power" (getragen von der Ernährungsorganisation ProVeg und der BKK ProVita). Am 11. Dezember 2018 erhalten die beiden deutschen Initiativen gemeinsam einen der 15 UN-Klimaaktionspreise "Momentum for Change". Weltweit hatten sich über 560 Initiativen um diese Auszeichnung beworben. Forum wird darüber direkt aus Kattowitz berichten.
 
Ergebnis: Eine Reihe unserer Vorschläge treffen auf zu beachtende Vorbehalte:
  • weil kaum jemand sein Menü aus Gründen des Klimaschutzes zusammenstellt
  • weil in unserer Esskultur bestimmte Zutaten erwartet werden
  • weil einige Maßnahmen eine hochpreisige Ausstattung der Küchen und eine hohe Zusatzqualifikation des Personals bedingen, die nur in wenigen Schulküchen vorliegt.
Vorteile der 22 Maßnahmen
Der Praxistest mit den KEEKS-Küchen hat deutlich gezeigt, dass Schulküchen viele Handlungsoptionen haben, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das Besondere an allen identifizierten Maßnahmen ist, dass sie keine negativen Auswirkungen haben:
  • Alle 22 Maßnahmen zusammen führen zu Kosteneinsparungen - im Gegenzug kann mehr Geld aufgewendet werden für eine höhere Qualität der Produkte wie. z.B. Biokost. 
  • Eine Reduktion des Fleischverzehrs hat keine gesundheitlichen Auswirkungen, im Gegenteil, wir essen eher zu viel Fleisch. Der Verzicht auf Rindfleisch leistet einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz.
  • Investitionen in effiziente energiesparende Technik amortisieren sich bei allen Küchengeräten in wenigen Jahren durch die eingesparte Energie.
  • Eine Reduzierung des Abfalls ermöglicht eine bessere Nutzung der Ackerbauflächen - es steht mehr Essen für alle Menschen weltweit zur Verfügung.
Kontakt: Ralph Eyrich, Dr. Michael Scharp und Malte Schmidthals, IZT
Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung | info@izt.de | www.izt.de

Lifestyle | Essen & Trinken, 26.11.2018

     
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