Die Totgeglaubten leben wieder

Mit xtinct feiern ausgestorbene Tiere eine modische Auferstehung

Wer genau waren noch mal Dodo, Beutelwolf und Goldkröte? Es sind durch unsere Lebensweise ausgerottete Tierarten, Zeugen der schwindenden Lebensvielfalt unseres Planeten. Die Kampagne XTINCT gegen Artensterben gibt diesen und anderen verlorenen Tierarten nun wieder ein Gesicht: auf nachhaltig produzierten T-Shirts, Jacken und Pullovern, porträtiert von jungen Designern aus aller Welt. "Getarnt" als Modelabel will XTINCT das Thema Artensterben auf die Straße bringen und mit den Verkaufserlösen konkrete Naturschutzprojekte unterstützen. 

Die letzte Riesenseekuh wurde vermutlich 1768 von Pelztierjägern bei der Beringinsel erschlagen. Heute erinnern nur noch Skelette in Naturkundemuseen an sie - und xtinct, die T-shirt-Kampagne für den Erhalt der Biodiversität. Foto: © xtinct
Jede Spezies auf diesem Planeten ist einzigartig, aus menschlicher Sicht mal mehr mal weniger kurios und exotisch. Doch was die Evolution in Jahrmillionen
hervorgebracht hat, vermag der Mensch in nur 100 Jahren von der Erdoberfläche zu fegen. So erging es zum Beispiel dem Dodo auf Mauritius - ein Abschied ohne Wiederkehr. Doch Geschichten, wie das Verschwinden des Dodo, erzählen uns auch die kontinuierliche Geschichte menschlicher Landnahme. Wo immer Menschen eine unberührte Landschaft erobert haben, wurde die Großtierfauna verdrängt. Beutelwolf oder Steller'sche Seekuh erzählen noch heute von der gedankenlosen Großwildjagd früherer Jahrhunderte. Die Rodrigues Riesenschildkröte war beliebter Lebendproviant für wochenlange Schiffsreisen. Die Linsenfliege verschwand als Folge der industriellen Revolution in Europa und die Goldkröte, einst heimisch in Costa Rica, gilt als erstes Opfer des Klimawandels. Das damals legitim scheinende menschliche Verhalten stellt sich aus späterer Sicht häufig als katastrophal heraus. Weswegen?

Ein sprechendes Beispiel dafür ist der chinesische Schwertstör. Im Jangtse, im Westen Chinas, war der bis zu vier Meter große Fisch zu Hause. Mit weit geöffnetem Maul siebte er Plankton und kleine Fische aus dem Flusswasser und nahm so eine Schlüsselposition im Ökosystem ein. So steht das Aussterben des chinesischen Schwertstörs als Sinnbild für die Folgen des kompromisslosen Wachstums einer Ökonomie, in diesem Fall der chinesischen. Für die XTINCTKampagne hat ihn der Künstler Sven Palmowski in ein futuristisches Raumschiff verwandelt. Ganz wie bei seinem planktonfressenden Vorbild fliegen dem Raumschiff kleine Shuttles in den weit geöffneten Hangar.

Biodiversität "haut"nah - als textiles Comic oder Pop-Art

Um das Thema Artenvielfalt sowohl im Club, als auch im Schulzimmer oder im Café nachdrücklich zu kommunizieren, präsentieren bei XTINCT ganz unterschiedliche Künstler ihre Designs: Es gibt die verspielt-detaillierten Bilder des Berliner Teams Peachbeach, die reduzierten, symbolhaften Grafiken der Leipziger Künstlerin Beatrice Barth, aber auch comicartige Motive, Pop-Art oder Hochschulkunst.

Wie funktioniert also ein Projekt mit einem auf den ersten Blick so schmalen Fokus? Die XTINCT-Kampagne verdankt ihre Existenz einer Vielzahl von Akteuren und wurde praktisch ohne Startkosten realisiert. Der Startschuss fiel Anfang 2009 in Würzburg auf einem Wirkcamp der Synagieren-Initiative. Dort setzten sich Biologen, Webdesigner, Künstler und Geisteswissenschaftler aus ganz Deutschland zusammen und erarbeiteten einen Plan für die Kampagne. Die anschließende Umsetzung erscheint im Rückblick ganz dem Konzept "Gründen in Komponenten" des Berliner Professors Günter Faltin zu folgen. Die Künstler stellen ihre Designs zunächst kostenlos zur Verfügung, erhalten jedoch eine geringe Beteiligung an den Verkaufserlösen sowie die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen. Design und Programmierung der Webseite wurde von der Webagentur Artkolchose kostenlos übernommen. Für die fortwährende Betreuung der Webseite werden Artkolchose ebenfalls gering an den Verkaufserlösen beteiligt. Um auch auf der Produktionsseite das Risiko gering zu halten, arbeitet XTINCT mit dem print-on-demand Dienstleister Spreadshirt zusammen, welcher gleichzeitig Versand und Zahlungsabwicklung übernimmt.

Nachhaltige Produktion und Künstlerförderung

Einer der nächsten Schritte wird die Zusammenarbeit mit einer T-Shirt-Mode-Plattform im Internet sein, um einen internationalen Designwettbewerb zum Thema "ausgestorbene Tierarten" auszurufen. Damit neben der Aufklärungsarbeit noch handfestes Engagement im Naturschutz unterstützt wird, gehen vier Euro pro verkauftem Textil in drei ausgewählte Artenschutzprojekte der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, jeweils angesiedelt in den internationalen Hot Spots der Biodiversität. Natürlich bedeutet die Zusammenarbeit mit Partnern immer auch Kompromisse. So ist XTINCT zum Beispiel derzeit auf das Produktsortiment von Spreadshirt angewiesen. Dennoch können bei der Auswahl der Produkte jene T-Shirts und Pullover aus besonders nachhaltiger Produktion in den Vordergrund gestellt werden. So machen im XTINCT-Webshop Textilien von Continental Clothing oder der in den USA produzierenden Firma American Apparel zwei Drittel des Sortiments aus. Beginnt XTINCT in Zukunft einzelne Designs in limitierten Auflagen selbst zu produzieren, steht die Entscheidung erneut zur Debatte, die Textilauswahl gänzlich ökologischen Kriterien zu unterwerfen.

Zusammenarbeit willkommen

Die gesamte Kampagne XTINCT versteht sich als offene Plattform für gesellschaftliches Engagement, sei es von Privatpersonen, die dem Organisationsteam beitreten wollen, oder am Thema Artenschutz interessierte Firmen, welche mit ihrer Expertise, mit Kooperationen oder durch Sponsoring die Kampagne voranbringen. Der Erhalt der globalen Artenvielfalt ist schließlich eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. 

Kontakt
XTINCT - Kampagne gegen Artensterben GbR
sebastian Kirschner und Jörg dietrich
Könneritzstraße 41
04229 Leipzig
info@xtinct.info
telefon +49(0)178 / 7 22 17 50
oder +49(0)152 / 28 71 66 19
www.xtinct.info

Quelle:
Umwelt | Biodiversität, 13.04.2010
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2010 - Cleantech erschienen.
     
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