Zwischen Rendite und Gewissen

Wie und nach welchen Grundsätzen handelt der Mensch?

Sicher nicht so edel und gut, wie viele wünschen. Aber auch nicht so eigennützig, wie manche behaupten. Vor allem handeln Menschen in der Wirtschaft als Träger einer Funktion - ob als Vorstand, Führungskraft oder Vertriebsmitarbeiter.

Persönliches Gewissen

Der kategorische Imperativ von Kant, umgangssprachlich ausgedrückt "Was Du nicht willst, das man Dir tu', das füg' auch keinem anderen zu!", ist ein bis heute gültiges Gesetz. Aber eben nur ein moralisches, das uns als Mensch, als Privatmann betrifft. Als Funktionsträger, der die Gesetze des Marktes befolgen muss, werden diese einfachen Regeln oft außer Kraft gesetzt. Warum? Weil die anderen es auch tun, weil man nur so weiter kommt? Die 68er gingen davon aus, dass es kein richtiges Leben im falschen geben könne. Das wurde vielfach widerlegt. Denn Menschen sind anpassungsfähig und schaffen es, Konflikte auszublenden. Manchen mag dies Magengeschwüre verursachen, andere kommen damit je länger, desto besser zurecht.

Geführt mit Renditezielen

Um eine gerechtere Welt oder wenigstens ein einigermaßen verantwortliches Wirtschaften zu erreichen, sollte man sich folglich nicht auf das Individuum verlassen, auch wenn es beste Anlagen hat. Karl Homann, Professor für Ethik an der Münchner Ludwig-Maximilians- Universität, empfiehlt deshalb, klare Verhaltensregeln in den Stellenbeschreibungen zu verankern - und sich eben nicht darauf zu verlassen, dass Menschen von sich aus moralisch handeln. Das ist richtig und wird immer wichtiger. Denn in fast allen Unternehmen sind klare Renditeziele vorgegeben und in den persönlichen Zielvereinbarungen der Führungskräfte verankert. Das verpflichtet!

Dagegen ist der Aufruf vieler Unternehmen an ihre Führungskräfte und Mitarbeiter, verantwortlich zu
handeln, bisher noch kaum über die Stufe der unverbindlichen "Sensibilisierung" hinausgekommen. Was aber macht ein Mitarbeiter, wenn er beispielsweise als Einkäufer vor einem Dilemma steht: Lieferant A lässt mit seinem sehr günstigen Preis vermuten, dass er es mit sozialen und ökologischen Standards nicht so genau nimmt. Lieferant B dagegen bestätigt deren Einhaltung, hat allerdings auch einen höheren Preis. Was tun?

Verhaltenskodex als Ausweg?

Sie vermuten richtig: Dieser Konflikt kann nicht auf individueller Ebene, sondern muss institutionell mit klaren Vorgaben geregelt werden. Das heißt: die Konflikte zwischen ökonomischen und sozial-ökologischen Anforderungen nicht mehr auf die Mitarbeiter abzuwälzen, wo sie ohnehin nur zugunsten der ökonomischen, weil älteren, vorherrschenden und verlässlichen Prämisse entschieden werden können. Insofern haben viele Unternehmen heute einen Verhaltenskodex aufgestellt, Ethische Unternehmensführung Zwischen Rendite und Gewissen 84 forum Nachhaltig Wirtschaften der den Mitarbeitern im Alltag eine Anleitung geben soll. Wer die bestehenden Verhaltenskodizes allerdings näher betrachtet, ahnt, dass sie bei dem geschilderten Dilemma, wie auch in anderen Grenzsituationen, noch keine wirkliche Hilfe sein können. Zu oft noch wurden sie deshalb erlassen, weil man dies zurzeit eben tut, und um gegebenenfalls eine Rechtfertigung gegenüber Eigentümern, Aktionären und Öffentlichkeit parat zu haben.

Mitarbeiterverantwortung als unternehmerische Aufgabe

Fast könnte man sagen, dass es eine moralische Aufgabe von Unternehmen sei, ihren Mitarbeitern Gewissenskonflikte zu ersparen und klare Weg zu weisen, wie diese zwischen Rendite und Verantwortung tagtäglich nach definierten Regeln und ohne viel zu überlegen handeln können. Allerdings sind Unternehmen, wie wir wissen, keine moralischen Institutionen. In inhabergeführten Firmen mag zwar die persönliche Moral des Eigentümers - im Unterschied zu börsennotierten Konzernen - oftmals das Geschehen bestimmen. Doch auch sie kann als meist "ungeschriebene Regel" für die Mitarbeiter nicht wirklich verlässlich und handlungsleitend sein.

Ethische Spielregeln fest verankern

Wirtschaftsethik als Lehre von den Spielregeln agiert jenseits moralischer und religiöser Auffassungen. Und das ist richtig. Denn für eine gerechtere Wirtschaft brauchen wir einen weltweiten "Common Sense". Der Global Compact der Vereinten Nationen hat dafür zehn Grundprinzipien festgelegt. Mehr als 3.000 Unternehmen weltweit haben diese unterzeichnet und bereits teilweise in eigenen Verhaltenskodizes konkretisiert. Das ist löblich. Worauf wir aber immer noch warten, ist eine Lösung für die oben beschriebenen Gewissenskonflikte. Solange Unternehmen hier keine klare Aussage treffen und damit endlich auch die Prioritäten etwas verschieben, bleiben Bekenntnisse und Verhaltenskodizes wirkungslos. Mehr als angesagt ist deshalb die Verankerung von Verantwortung und Nachhaltigkeit in der Zielvereinbarung von Vorständen und Führungskräften. Wer jetzt fragt, wie das geschehen kann: Für das, was wichtig ist, wurde noch immer eine Messgröße gefunden!

Über die Autorin

Sabine Braun, 46, ist Gründerin und Geschäftsführerin der akzente kommunikation und beratung gmbh, die sich seit 1993 auf Umwelt- und Nachhaltigkeitskommunikation spezialisiert hat.

Damit hat sie die Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung deutscher Unternehmen seit den Anfängen begleitet und mitgeprägt. Sie ist überzeugt, dass "soziale, ökologische und ökonomische Anforderungen in einer demokratischen Marktwirtschaft zum Nutzen aller in Einklang zu bringen sind. Voraussetzung dafür ist eine offene und glaubwürdige Kommunikation, die ein gemeinsames Verständnis der Chancen und Risiken schafft." Sabine Braun war im Beirat der Lokalen Agenda 21 in München und ist seit 1995 im Vorstand von future e.V., einer 1986 gegründeten Umweltinitiative von Unternehmen. www.akzente.de

Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 09.07.2008

     
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