Cannabis-Regulierung verfehlt Realität

Entkriminalisieren statt Verschärfen

Zur Vorstellung der Cannabis-Petition im Petitionsausschuss des Bundestages erklären Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Drogenpolitik und Dr. Manuela Rottmann, Obfrau im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz:
 
Die Regierung betreibt mit ihrer Prohibitionspolitik Realitätsverweigerung. © pixabay, Herbal HempMit fast 80.000 Unterschriften war die Cannabispetition die erfolgreichste Petition im Jahr 2017. Die engagierte Einbringung und das große öffentliche Interesse zeigen, dass ein starkes Bedürfnis für eine Umkehr der Cannabispolitik besteht. Das Cannabiskontrollgesetz der Grünen Bundestagsfraktion erfüllt alle Punkte der vorgestellten Petition. Es reguliert den Anbau, Handel, Besitz und Konsum von Cannabis mit dem Ziel, den Gesundheits- und Jugendschutz zu stärken. Unser Gesetzentwurf sieht folgende Regelungen vor:
  • Entkriminalisierung: Erwachsenen Privatpersonen soll zukünftig der Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis oder drei Cannabispflanzen zum Eigenbedarf erlaubt sein.
  • Jugendschutz: Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Erwerb und Besitz vollständig untersagt.
  • Kontrolle: Der gesamte Wirtschaftsverkehr für Cannabis (Anbau, Verarbeitung, Transport, Im- und Export, Groß- und Einzelhandel) wird gesetzlich reguliert und unter Genehmigungsvorhalt gestellt. Die Genehmigung ist an strenge personelle und organisatorische Vorgaben gebunden. Die Akteurinnen und Akteure unterliegen strengen Dokumentations- und Meldepflichten sowie Sicherheitsauflagen.
  • Geregelter Verkauf: Der Verkauf von Cannabis und cannabishaltigen Produkten darf nur in zugelassenen Cannabisfachgeschäften erfolgen. Die Bundesländer erhalten die Möglichkeit, die Anzahl der Cannabisgeschäfte zu begrenzen. Versandhandel und Verkauf an Automaten ist nicht zugelassen. Zudem gilt ein strenges Werbeverbot.
  • Cannabisfachgeschäfte: Cannabisgeschäfte selbst unterliegen strengen Auflagen, insbesondere zum Jugendschutz. Kinder und Jugendliche dürfen das Geschäft nicht betreten. Die Einhaltung dieser Vorgabe ist durch Ausweiskontrollen am Eingang sicherzustellen. Das Personal muss eine Schulung zur Suchtprävention erfolgreich absolviert haben und sich regelmäßig fortbilden. Es ist verpflichtet, Kunden über Konsumrisiken, Suchtgefahren und schadensmindernde Maßnahmen aufzuklären und bei Bedarf auf Beratungs- und Therapieangebote hinzuweisen.
  • Verbraucherschutz: Der Anbau von Cannabis unterliegt strengen Vorschriften, beispielsweise hinsichtlich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Darüber hinaus darf Cannabis nicht in Verkehr gebracht werden, wenn es so verunreinigt ist, dass eine Gesundheitsgefahr besteht. Auch die Beimischung von Alkohol und Tabak ist nicht zulässig.
  • Prävention: Sämtliche Produkte müssen eine Packungsbeilage mit Hinweisen zu Dosierung und Wirkung, möglichen Wechselwirkungen sowie Vorsichts- und Notfallmaßnahmen enthalten. Zusätzlich müssen Warnhinweise u.a. zum Jugendschutz und zu Suchtgefahren aufgebracht sein.
  • Straßenverkehr: In die Straßenverkehrsordnung wird ein Grenzwert für Cannabis beim Führen von Kraftfahrzeugen eingeführt. Zudem werden an Alkohol angelehnte Vorgaben gemacht, in welchen Fällen bei Cannabiskonsumenten die Überprüfung der Fahreignung angeordnet werden kann.
  • Evaluation: Die Bundesregierung wird verpflichtet, dem Bundestag alle vier Jahre einen Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes vorzulegen, der beispielsweise die Konsumentwicklungen, Verbraucherschutzaspekte und Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit umfasst.
Sie nimmt die Risiken durch Streckmittel und zugesetzte synthetische Cannabinoide billigend in Kauf. Die Bundesregierung macht sich lächerlich, wenn sie sich weiterhin hinter dem Einheits-Übereinkommen von 1961 versteckt, während Kanada längst die Richtung vorgibt.
Die Petition hat deutlich gemacht, dass vier weitere Jahre Stillstand in der Drogenpolitik nicht hinnehmbar sind. 
 
Die Zahl der Cannabiskonsumenten in Deutschland ist seit Jahren gleichbleibend hoch – trotz strafrechtlicher Verfolgung. Cannabis ist überall leicht erhältlich. Das Betäubungsmittelgesetz hat seine ursprünglichen Versprechen – die Reduzierung des Angebots und eine Verringerung der Nachfrage – nicht erfüllt. Die negativen Folgen der repressiven Drogenpolitik sind mittlerweile offensichtlich, national wie international.
 
Vorschau: In der nächsten Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften erfahren Sie mehr zum Thema Hanf und warum eine neue Regulierung längst überfällig ist (Erscheinungstermin 30.8.2018).
Leider sendete die Justizministerkonferenz in der vergangenen Woche diesbezüglich keine guten Signale. Die vorgeschlagenen, bundesweit einheitlichen Grenzwerte von sechs Gramm würden in vielen Bundesländern eine Verschärfung der derzeitigen Regelung darstellen. Dabei sollten Besitz und Konsum von Cannabis endlich entkriminalisiert werden, um die Gerichte in unserem Land zu entlasten. Das fordern nicht nur wir Grüne, das fordern auch Juristen und Suchtexperten. Polizei und Staatsanwaltschaften müssen nach dem Wunsch der Justizminister – vornehmlich der CDU/CSU - künftig noch mehr Menschen einer Strafverfolgung unterziehen, obwohl sie keinen anderen schädigen und kein Sicherheitsrisiko für andere darstellen. Die Schaffung eines legalen Marktes für Cannabis würde außerdem den Schwarzmarkt austrocknen und die Deklaration der Inhaltsstoffe ermöglichen. Die kontrollierte und regulierte Abgabe unter enger staatlicher Kontrolle und die damit einhergehenden drohenden Strafen bei einer Zuwiderhandlung sind wirksame Wege, um den Zugang zu Cannabis für Jugendliche zu verhindern.
 
Kontakt: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN | presse@gruene-bundestag.de | www.gruene-bundestag.de

Gesellschaft | Politik, 11.06.2018

     
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